BORN TO BE WINE PODCAST

BORN TO BE WINE PODCAST

Transkript

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00:00:00: Warten wir noch auf den Stephan.

00:00:01: Genau.

00:00:01: Als ich nicht dabei war, war er schneller, meinst Du,

00:00:03: wolltest Du das sagen?

00:00:04: Ja, da hat er eine komplette Folge aufgenommen.

00:00:07: Ja.

00:00:11: Ich habe überlegt, ob wir die Fenster auf Klapp stellen sollen.

00:00:14: Da habe ich Angst wegen des Tons.

00:00:16: Dann müssen wir die Hitze wegtrinken.

00:00:19: Noch ist es angenehm. Wir tun so, als wäre es nicht warm.

00:00:21: Stephan, Du sagst, wenn Du soweit bist.

00:00:24: Er hat das Zeichen gegeben.

00:00:25: Hi und Hallo bei BORN TO BE WINE. Wir sind zurück und zwar mit einer

00:00:29: ganz aussergewöhnlichen Folge, denn diesmal plaudert

00:00:32: Stéphane Gass mit uns.

00:00:35: Seit knapp einem Viertel-Jahrhundert ist er der Chef-Sommelier der berühmten

00:00:38: "Schwarzwaldstube" in der Traube Tonbach in Baiersbronn.

00:00:42: Er hat schon viele Gäste kommen und leere Flaschen gehen sehen.

00:00:46: Und für diese Aufzeichnung hat Philipp Wittmann vom Weingut Wittman seine Türen geöffnet, seine

00:00:52: private Schatzkammer geplündert und er liefert natürlich wie immer die passenden Geräusche und Anekdoten.

00:00:58: Ich würde sagen, herausgekommen ist eine Folge, da hat sich das Warten gelohnt.

00:01:03: In diesem Sinne: Viel Spass und Chin Chin!

00:01:06: Also, schön, dass wir hier sind.

00:01:08: Ja, wir fangen mit etwas Alkoholfreiem an.

00:01:10: Brombeerblatt und Apfel, Von Wiesen, von Griesel quasi produziert.

00:01:15: Ich habe den jetzt so auch noch nicht probiert, ich kannte nur die Version mit Verbene.

00:01:21: Genau, und das hat mir sehr gut gefallen.

00:01:24: Also, das Thema "Alkoholfrei", ich bin gespannt, was Du gleich dazu sagst.

00:01:28: Ihr seid ja sicherlich auch im Restaurant immer wieder mit dem Thema konfrontiert. Es ist für

00:01:32: mich ein schwieriges Thema und ich finde, diese von Griesel erzeugten Dinge, mit so einer

00:01:38: individuellen eigenen Art, mit Fermenten und so,

00:01:40: das kommt dem sehr nah, wie ich mir das vorstellen würde.

00:01:43: Können wir jetzt mal trinken?

00:01:43: Ja, also.

00:01:44: Na bitte.

00:01:46: Zum Wohl!

00:01:48: Du hast auch nicht so eine krasse Süße.

00:01:50: So ein bisschen Umami hinten, oder?

00:01:52: Also, das Gute ist, das hat nur 0,5 Gramm Fett.

00:01:55: Steht da drauf, das wissen wir schon mal.

00:01:56: Wie hat er denn das hingekriegt jetzt?

00:01:58: Was hat denn da jetzt das Fett?

00:01:59: Mir fehlt vielleicht ein Tick, ein bisschen, Säure im Abgang.

00:02:02: Ich habe gesehen, das war Rauchsalz-Zitrone, das ist auch dabei.

00:02:06: Sehr gutes Mittelmundgefühl, also mit einer schönen Frucht und dann ist er ein bisschen kurz, finde ich.

00:02:12: Man könnte ihm ein bisschen mehr Lebendigkeit noch verleihen vielleicht, hintenraus.

00:02:15: Aber die Kürze ist eigentlich bei den Dingern immer da irgendwie, oder?

00:02:18: Entweder du hast Süße hinten raus, oder sie werden kurz.

00:02:21: Kennst Du ein anderes Beispiel, was mehr Länge hat?

00:02:23: Ich bin auf der Suche.

00:02:26: Also, ich schenke mir noch mal nach, weil wenn man Durst hat am Anfang, ist das gut.

00:02:29: Nein, es ist ja so:

00:02:31: Das Wunderbare ist, dass es eher herb ist und nicht süß.

00:02:34: Insofern ist es eher apettitanregend als sättigend und das ist ja oft das große Problem, dass

00:02:39: einfach viele in diesem Bereich einfach zu fruchtig sind, zu süß sind.

00:02:44: Also ich persönlich mag eben Säure.

00:02:46: Also Säure, die reif ist.

00:02:49: Jetzt machst Du es aber gleich so richtig spannend, da müssen wir jetzt mal gucken, wie wir das

00:02:53: hinkriegen bei Alkoholfrei.

00:02:55: Nein, aber wir arbeiten ja auch damit und versuchen uns auch damit sehr intensiv auseinander zu setzen.

00:03:01: Und ich glaube, die Mischung macht es letztendlich.

00:03:04: Also man sollte den Gästen auf alle Fälle fertige Produkte kredenzen,

00:03:09: aber auch selbstkreierte Kombinationen und so weiter.

00:03:14: Was macht ihr da selbst kreiert?

00:03:17: Also wir haben tatsächlich einen Schüler von Philipp, der jetzt bei uns arbeitet, den Lukas.

00:03:25: Ein junger Mann, Sommelier, der sich ganz intensiv

00:03:29: damit auseinandersetzt, klar, in Absprache mit mir, mit der Küche.

00:03:32: Also zum Beispiel fangen wir jetzt an mit dem Thema Verjus und da,

00:03:35: sagen wir einfach so, das ist der Beginn.

00:03:38: Da versuchen wir einfach, ein Getränk zu mixen auf Basis von

00:03:43: Verjus mit Holunderbütensaft, mit ein bisschen Limette, mit ein bisschen Säure auch, klar.

00:03:51: Aber eben auch eine Säure, die mit dem Verjus zusammenpasst und dann ein

00:03:54: bisschen mit Kräutern arbeitet, so dass man das auch ein bisschen abwechseln kann.

00:03:57: Zurzeit machen wir auch was mit Wacholder, also da hat uns Lukas jetzt zum Beispiel einen Wacholdersirup gemacht.

00:04:03: Oder einen Holunderbüten-Sirup, der auch großartig zu kombinieren ist, mit einer etwas bitteren Komponente,

00:04:12: also auf Basis von Bitter, also quasi Ginger Ale oder Bitter Lemon und so weiter.

00:04:19: Aber auch da versuchen wir schon auch, tolle Sachen

00:04:22: auszusuchen, die einfach in der Kombination auch sehr gut funktionieren.

00:04:26: Klar, das Thema ist ja auf einer Seite Alkohol, von

00:04:30: Champagner über verschiedene Sekte, über Wein, über Portwein, Sherry.

00:04:35: Andererseits hat man eben noch ein alkoholfreies Spektrum und wir

00:04:38: versuchen letztendlich, gemeinsam mit dem Lukas und auch mit dem

00:04:45: Team zusammen, einfach ein bisschen Individualität reinzubringen, so dass wir

00:04:49: nicht das Gleiche ausschenken wie zehn andere Kollegen, sondern weil die Gäste, die sich in dem Bereich

00:04:53: bewegen, die sind ja sehr neugierig, deswegen bestellen die auch häufiger

00:04:57: diese alkoholfreie Begleitung oder teilweise kombiniert mit Wein, die wollen jetzt nicht acht

00:05:04: verschiedene Weine probieren, sondern die wollen vielleicht vier Weine probieren

00:05:08: und wollen parallel dann eine spannende alkoholfreie Begleitung.

00:05:12: Da muss man es auch passend zu der Küche machen, deswegen muss man auch intensiv mit der

00:05:16: Küche zusammenarbeiten, weil die geben immer ganz gute Tipps, was die Haltbarkeit anbelangt, was das

00:05:21: Mazerieren mit Thymian, mit Rosmarin, mit verschiedenen Pfeffern, mit Kirschsaft, mit...

00:05:29: Da sind Profis am Werk! Aber wirklich!

00:05:32: Nein, das ist wirklich so. Der Lukas, der Kollege, der ist damit fünf Stunden jede Woche beschäftigt und ist

00:05:37: dann in der Küche, da hat er Riesen- Töpfe und dann brodelt es und dann raucht es.

00:05:41: Manchmal gehe ich hin und rieche dann daran und schaue. Spannend, ganz toll.

00:05:46: Da hat er dann so einen neuen Pfeffer ausprobiert und die Köche geben auch viele Tipps.

00:05:50: Und da ist auch eine Zusammenarbeit, weil die probieren das auch mit und

00:05:53: die sind auch neugierig und so entwickeln wir uns immer besser, immer weiter,

00:05:58: und werden, glaube ich, was die Begleitung zu den Speisen angeht, auch immer perfekter.

00:06:04: Also ihr habt diese Herausforderung angenommen, dass der Trend gerade so ein bisschen zum Alkoholfreien geht?

00:06:10: Aber eigentlich geht man wegen dieser wahnsinnigen, schönen Weinkarte in die "Traube Tonbach".

00:06:15: Deshalb spannen wir mal den Bogen zum Champagner.

00:06:20: Ja, vielen Dank, dass Du so einen tollen Champagner mitgebracht hast.

00:06:22: Voll cool. Wir freuen uns.

00:06:25: Bei Bubbles sowieso immer, oder? Ja, sowieso.

00:06:27: Ja, wenn wir uns mit der Familie treffen, im Elsass, macht der

00:06:32: Vater eigentlich nie einen Cremant, sondern eigentlich immer einen Champagner auf.

00:06:37: Nicht weil der Cremant nicht auch toll ist und spannend ist, aber Champagner irgendwie, das ist was Besonderes.

00:06:43: Und heute, dachte ich... Toll! Zum Wohl! Vielen Dank! Wo ihr Euch heute mal seht, wo Ihr Euch ja sonst nie seht.

00:06:49: Du musst selbst etwas dazu sagen, ich muss gestehen...

00:06:52: Deswegen, ich habe mal versucht, einfach auch ein

00:06:55: Champagnerhaus mitzubringen, was vielleicht nicht ganz so im Fokus steht.

00:07:00: Und die Familie Vazart, also der Jean-Pierre Vazart, der zurzeit

00:07:03: am Werk ist, also sein Papa hat das gegründet in den 50er Jahren.

00:07:07: Und im Grunde genommen hat dieses Champagnerhaus unsere Familie, also im Elsass, immer begleitet.

00:07:13: Seit, ich sage jetzt mal, 40 Jahren.

00:07:16: Also ein guter Freund meines Vaters hat es uns damals mal vorbeigebracht, weil er selbst dort in der Lese war.

00:07:23: Dann war mein Papa auch ein paar Mal dort.

00:07:25: Und auf alle Fälle hat sich so dann eine Verbindung zu dem Weingut entwickelt.

00:07:30: Das hat auf jeden Fall Säure und Länge.

00:07:32: Special Club, Blanc de Blanc.

00:07:35: Ja, Special Club, ja.

00:07:37: Es ist eine Vereinigung von ungefähr 50 Erzeugern, die quasi diese Flaschenform ausgesucht haben damals.

00:07:44: Und was letztendlich den Jean-Pierre auch auszeichnet, ist einfach eine sehr lange Hefelagerung.

00:07:50: Also das ist jetzt quasi 2016, es ist degorgiert im August 2024.

00:07:57: Und 1 Gramm Dosage, das ist jetzt komplett ohne Holz, nur Stahltank.

00:08:04: Also quasi auch mal schön, dass man sowas auch noch bekommt... Pur. Das ist sehr pur.

00:08:10: Und dennoch cremig, also du hast schon vom Chardonnay auch so ein bisschen zuerst die Textur.

00:08:15: Und dann wird es aber auch sehr gerade und hat Schliff am Gaumen.

00:08:19: Und tatsächlich ist es so, wenn ich mir jetzt Holz reindenke, würde es mich fast stören.

00:08:23: Er hat Versuche gemacht und hat es sofort wieder gelassen.

00:08:27: Wir sind in Chouilly, wir sind in der Côte de Blanc, das ist kreidig, das ist einfach sehr puristisch.

00:08:33: Und Jean-Pierre hat jetzt auch Bio-Zertifizierung, hat umgestellt vor ein paar Jahren.

00:08:41: Auf jeden Fall, ich hatte es 20 Jahre aus den Augen verloren und eines Tages, Weihnachten im Elsass bei den Eltern

00:08:48: und Papa macht dann so eine Magnum und auf und ich sehe,

00:08:51: Jean-Pierre Vazart.

00:08:52: Und dann probiere ich das und war total begeistert.

00:08:54: Und was mache ich dann?

00:08:55: Klar, dann fahre ich hin und hatte zwei Stunden Termin und aus den zwei Stunden wurden dann sechs Stunden.

00:09:02: Und seitdem arbeiten wir sehr intensiv zusammen und er hat auch, glaube ich, mittlerweile,

00:09:06: sehr viel Erfolg in Deutschland, also es hat ihn auch ein Händler aufgenommen.

00:09:12: Und er macht einfach sehr gute Arbeit, muss man sagen.

00:09:15: Ist Dein Vater eigentlich sehr unter Druck, wenn du nach Hause kommst?

00:09:17: Weil wenn er dann Dir einen Wein aufmacht oder einen Champagner,

00:09:21: dann denkt man so, jetzt kommt der Sohn nach Hause, der hat so viel Ahnung?

00:09:24: Er macht sich das sehr einfach, weil mein Papa ist ein begnadeter Koch.

00:09:28: Also meine Eltern haben ja Gastronomie, was jetzt mein Bruder ja weitermacht.

00:09:31: Und ich telefoniere mit ihm und er sagt: Du bringst den Wein mit, ich koche.

00:09:36: Ja, das ist super. Das macht er ganz gut.

00:09:40: Also insofern, ich kenne ja seinen Keller und der ist sehr gut bestückt und irgendwann greifen wir auch darauf zurück,

00:09:45: wenn meine Flaschen aufgebraucht sind.

00:09:48: Und insofern ist es eigentlich auch sehr schön, dass wir uns da sehr, sehr gut ergänzen.

00:09:53: Und mein Papa ist extrem produktorientiert und es ist immer schön, wenn wir da nach Hause kommen

00:09:59: und er so einen tollen, großen Fisch bestellt hat und da ist er selbst hingefahren nach Straßburg,

00:10:03: hat ihn ausgesucht und dann, er hat ja privat eine Küche, die ist wie in einem Restaurant.

00:10:08: Ein großer Herd von Molteni und da passt auch was Großes rein. Super.

00:10:12: Aber Du hast vollkommen recht.

00:10:14: Also Stéphane zählt zu den Personen, wo ich auch wirklich, wenn ich mir überlegen soll,

00:10:19: welchen Wein ich denn mitbringe, ins Schwitzen kommen würde.

00:10:22: Du auch?

00:10:23: Ja, es gibt nicht viele Leute, bei denen ich mir wirklich Gedanken machen müsste, aber bei Stéphane schon.

00:10:27: Das Schlimme an Stéphane ist, ich teile ganz viele seiner Ideen, wie er Wein sieht,

00:10:35: aber er ist irgendwie noch perfekter.

00:10:37: Das ist so in seiner Vorstellung.

00:10:39: Aber vielleicht liegt es auch daran, dass er es nicht erzeugen muss.

00:10:43: Das ist sicherlich ein großer Vorteil.

00:10:47: Wie ist das denn so, Winzer als Gäste zu haben?

00:10:51: Ist das auch manchmal ein bisschen anstrengend?

00:10:53: Jetzt mal ehrlich, nicht alle, aber...

00:10:55: Nein, aber ich glaube, mit zunehmendem Alter bin ich da mittlerweile so was von entspannt.

00:11:00: Ich freue mich, dass sie da sind.

00:11:03: Vor allem, wenn man sich lange kennt, man hat ja wirklich viele, viele Jahre gemeinsam zusammen verbracht

00:11:11: und viele Jahrgänge probiert, viel sich ausgetauscht.

00:11:15: Das heißt, man kennt ja auch die Leute.

00:11:16: Für mich ist es eher eine Freude, wenn ein Winzer uns besucht.

00:11:20: Und ich versuche da wirklich, das Beste zu geben.

00:11:23: Wir öffnen unseren Keller und zeigen auch mal Raritäten oder machen mal was Besonderes auf.

00:11:28: Für mich ist es...

00:11:31: Also Stress ist es, wenn mal fünf, sechs Winzer zusammen kommen.

00:11:36: Das kann intensiv werden, ja.

00:11:38: Die dann alle auf einen Nenner zu bekommen, das ist nicht immer einfach.

00:11:42: Da muss man auch da, glaube ich, die Stimmung aufnehmen und schauen, wie die Jungs drauf sind.

00:11:48: Ich sage jetzt bewusst "Jungs", die sind vielleicht die etwas jüngere Generation, die noch so

00:11:51: ein bisschen wilder sind.

00:11:53: Ich weiß nicht, an wen Du denkst...

00:11:56: Keine Idee.

00:11:58: Und am besten kommst Du gleich mit sechs Weinkarten.

00:12:00: Jeder ist schon mal beschäftigt.

00:12:02: Ja, genau.

00:12:03: Da ist schon mal Ruhe am Tisch.

00:12:04: Da kann schon mal jeder seine eigene Flasche aussuchen.

00:12:07: Und bis das dann so weit ist, bringst Du am besten selbst eine Flasche mit, die Du am besten blind einschenkst.

00:12:13: Und dann haben sie erst mal was zu tun. Guter Trick!

00:12:15: Dann ist erst mal Ruhe, dann ist der erste Durst gelöscht.

00:12:17: Ja, okay, verstehe.

00:12:21: Wie waren denn die Alten, die waren ja auch mal jung,

00:12:24: die hast Du in Deinen Jungen Jahren ja auch erlebt.

00:12:27: Also so die Crew um Joachim Heger herum, zum Beispiel.

00:12:31: Die waren aber nicht so aufgeregt wie die Jungs da heute, oder?

00:12:37: Nein. Nein. Das war auch noch eine andere Zeit. Ich glaube, man war in einem Restaurant,

00:12:40: das war auch für die, glaube ich, was Besonders, weil die das auch nicht so häufig gemacht haben.

00:12:44: Und die gesagt haben, okay, so, wir nehmen uns jetzt mal eine Auszeit und fahren mal in den Schwarzwald.

00:12:54: Es war anders.

00:12:57: Es war, glaube ich, ja etwas ruhiger, etwas gelassener.

00:13:01: Und die haben es genossen, die haben dann ein, zwei Flaschen Wein getrunken.

00:13:06: Aber das war mehr so als Familie, man macht einen Ausflug in den Schwarzwald, besucht mal seinen Kunden.

00:13:09: Und freut sich, dass man es sich mal gut gehen lassen darf.

00:13:14: So ist es, so ist es.

00:13:17: Nein, Winzer, ich glaube, das bringt ja auch viel Stimmung in so ein Restaurant, glaube ich.

00:13:23: Wenn man da so eine Truppe hat... Absolut.

00:13:27: Ich habe mal so eine Pfälzer-Truppe gehabt, das ist schon 20 Jahre her, also die waren damals jung.

00:13:32: Die sind jetzt heute in unserem Alter.

00:13:35: Und denen habe ich, glaube ich, irgendwann um zwei Uhr gesagt, so, jetzt ist es vorbei.

00:13:39: Feierabend. Ich mache jetzt keine Flasche mehr auf.

00:13:41: Es geht jetzt an die Hotelbar oder aufs Zimmer.

00:13:44: Aber hier wird nichts mehr getrunken.

00:13:46: Wir hatten früher, in der alten "Schwarzwaldstube", so eine runde Sitzfläche für sechs Personen,

00:13:52: aber dahinter war so eine Ablage.

00:13:54: Und die wollten es schaffen, mit den leeren Flaschen diese Ablage einfach voll zu machen.

00:13:57: Die haben es fast geschafft.

00:13:59: Aber dann hast du gesagt, jetzt reicht es mal.

00:14:03: Denise, Du kriegst noch einen kleinen Schluck drauf, das ist...

00:14:06: Das ist gutes Zeug.

00:14:07: Einfach für den Start wunderbar.

00:14:09: Vielen Dank. Stéphane, Du auch.

00:14:11: Ich finde es wunderbar, weil es einfach sehr trink-animierend ist und trotzdem Ernsthaftigkeit hat.

00:14:15: Ja, bei Philipp geht es schon los.

00:14:17: Und einen gewissen Trinkfluss mitbringt.

00:14:20: Super, super lecker.

00:14:22: Macht viel Spaß.

00:14:24: Vielen Dank, dass Du es mitgebracht hast. Sehr schön.

00:14:26: Sehr gerne.

00:14:27: Solche Gäste lieben wir, oder? Ein Traum!

00:14:28: Ja, bei unserem letzten Besuch in der "Traube Tonbach"

00:14:31: hat die Eva das vegetarische Menu gehabt.

00:14:35: Und sie fand es Weltklasse.

00:14:37: Sie hatte aber keine alkoholfreie Begleitung gehabt?

00:14:40: Nein, das hat dazu geführt, dass ich dachte, das muss ich eigentlich auch mal ausprobieren,

00:14:43: obwohl ich eigentlich da überhaupt keine Affinität in die Richtung habe.

00:14:47: Wenn etwas richtig gut gemacht wird, wenn die Wertigkeit da ist, dann...

00:14:53: Also ich glaube, das Thema "vegetarisch",

00:14:56: obwohl ich selbst kein Vegetarier bin, probiere ich das sehr, sehr oft.

00:15:00: Und vor allem europaweit.

00:15:01: Es ist super spannend, wenn Du in Spanien bist, in Italien, in Frankreich, in Deutschland,

00:15:07: in Dänemark, in Schweden, in Norwegen, in England.

00:15:10: Jedes Land hat unterschiedliche Garmethoden, unterschiedliche Gewürzmischungen,

00:15:14: unterschiedliche Gemüsesorten und Obstsorten, die da einfliessen, unterschiedliche Kräuter.

00:15:19: Das ist extrem spannend.

00:15:20: Wir haben Stammgäste aus Straßburg, die kommen

00:15:23: jedes Mal, wenn wir die Karte wechseln, wir wechseln alle zwei Monate die Karte. Und die kommen, obwohl die

00:15:26: keine Vegetarier sind, die fahren von Straßburg in den Schwarzwald, trinken eine Flasche Champagner,

00:15:32: essen das vegetarische Menu und die freuen sich total.

00:15:35: Weil die sagen, das ist eine der besten Ausführungen, die sie so kennen auf dem Niveau.

00:15:40: Und die Entwicklung in dem Bereich ist ja schon weit gekommen, aber da ist so viel Potenzial drin.

00:15:48: Weil jeder, der viel Essen geht, weiß, dass er seine Taube, seinen Hummer, sein Rind, sein Lamm,

00:15:54: seinen Steinbutt, seinen Seeteufel, seine Forelle, wie auch immer, in X-Variationen schon probiert hat.

00:16:00: Aber beim Thema Vegetarisch: Wie schaffe ich es und

00:16:03: da kommt man nochmal einen großen Schritt weiter,

00:16:06: da gibt es Restaurants, die jetzt ihre eigenen Gärten haben, die sich eben auch letztendlich darauf spezialisieren.

00:16:12: In Paris gibt es ein paar, die in Versailles dann vier, fünf Gärten haben.

00:16:18: Und wenn man da es schafft, ein Produkt so darzustellen, dass es nicht von den Gewürzen her komplett übertönt ist,

00:16:25: sondern diesen Grundgeschmack, denn wir von früher als Kinder kennen, bei unseren Großeltern auf dem Bauernhof,

00:16:31: also ich komme zum Teil aus der Gastronomie, zum Teil vom Bauernhof, da bist du rausgerannt, hast eine Karotte,

00:16:35: ein Radieschen rausgezogen, auf der Wiese sauber gemacht und reingebissen.

00:16:41: Wenn Du diesen Geschmack, also ich weiß nicht, wie es Euch geht, also wenn ich eine Kartoffel bekomme,

00:16:46: von unserem kleinen Laden in Baiersbronn, der wirklich wie früher ist,

00:16:51: wenn ich diese Kartoffel esse, dieser Geschmack, das ist Wahnsinn.

00:16:56: Also das sind so Erinnerungen an früher.

00:16:59: Und das wird bei der vegetarischen Küche auch nochmal ein Riesen-Schritt, wenn man es schafft.

00:17:05: Wir haben zum Beispiel Tomaten aus der Umgebung von 15 bis 20 Kilometer,

00:17:10: die jetzt so langsam nach und nach reif werden.

00:17:14: Und dann machen wir so einen Tomatenteller, das sieht aus wie ein Gemälde,

00:17:17: unterschiedliche Farben, unterschiedliche Kräuter und so weiter.

00:17:20: Das ist cool. Das ist Wahnsinn.

00:17:21: Ja, es ist ja auch so, dass natürlich viele Sorten auch einfach verschwunden sind in den letzten Jahren

00:17:26: und wenn man natürlich das auch wiederherstellt, also genau diese Geschmäcker, die wir von früher kennen,

00:17:31: diese reine Lehre eigentlich. Das findet ja statt.

00:17:32: Das einzige Problem ist, dass es eben nur in der Nische stattfinden kann.

00:17:38: Weil es nicht wirtschaftlich im größeren Stil darstellbar ist.

00:17:43: Aber bei mir ist es auch so, dass ich, wenn ich in die Küche komme

00:17:46: und da ist so ein Topf Kartoffeln am Köcheln, dann nehme ich mir so eine raus,

00:17:50: mit Schale und beisse rein.

00:17:52: Wir haben einen Bio-Bauern in den nördlichen Pfalz, wo die herkommen.

00:17:57: Da brauche ich sonst auch nichts,

00:17:59: von mir aus noch ein bisschen Salz oben drauf, sonst bin ich da fein.

00:18:02: Ich zerdrücke die manchmal nur, ein bisschen Olivenöl drüber, ein bisschen Fleur de sel.

00:18:07: Das ist ja schon snobistisch, was Du da machst. Oder gesalzene Butter!

00:18:10: Das ist schon Grosses Kino jetzt.

00:18:12: Das meine ich mit der Perfektion.

00:18:14: Jetzt haben wir einen Wein, der passt zu deiner Vergangenheit, richtig?

00:18:21: Da bin ich groß geworden, ja.

00:18:25: Wir haben den "Schlossberg Ste Catherine" 2021, ein sehr junger Wein, von der "Domaine Weinbach".

00:18:36: Letztendlich geht es mir so, dass ich die kühlen Jahrgänge aus dem Elsass heute liebe.

00:18:43: Ich glaube, das muss ja irgendwann mal sich geändert haben.

00:18:46: Wenn ich die letzten 15 Jahre zurückblicke, sind es immer die kühlen Jahrgänge.

00:18:50: Das ist das, was ich dann immer auch kaufe.

00:18:52: Ich habe jetzt bewusst den 2021er heute aufgemacht, weil ich dachte, okay,

00:18:57: wir haben so kurz Zeit, drüber zu reden, die Aromatik ist voll da.

00:19:02: Natürlich geht das in noch größer, wenn es gereifter ist.

00:19:06: Aber es ist für mich ein wunderschönes Beispiel,

00:19:09: wie Herkunftswein, wie Riesling von großem Boden, am Gaumen einfach auch sein Spiel spielt.

00:19:18: Absolut! Ist das geil.

00:19:19: Und kein Kalk.

00:19:21: Kein Kalk, in dem Fall.

00:19:24: Was ist dort für ein Boden?

00:19:26: Für mich die große Herausforderung im Elsass, die Grand Cru´s.

00:19:29: Granit. Wir haben Granit.

00:19:31: Alle 3 Kilometer hast Du einen anderen Boden.

00:19:35: Die haben Schiefer, die haben Granit, die haben auch Kalk.

00:19:38: Ich hatte vorhin auch einen "Hengst" in der Hand gehabt

00:19:41: bei der Auswahl, habe dann gedacht, Nein, komm´,

00:19:45: der "Hengst" ist Kalk.

00:19:47: Der "Schlossberg" ist...

00:19:50: Also wenn man einmal wirklich in Kaysersberg ist

00:19:54: und sich die Zeit nimmt, einfach mal durch diesen "Schlossberg" zu laufen.

00:20:00: Wenn ich ab und zu mal dort übernachte

00:20:03: und dann jogge ich morgens quasi den ganzen "Schlossberg" ab, bis zur Burgruine oben.

00:20:09: Und dann einfach dazwischen runter und da merkst du einfach, was dieser "Schlossberg" ist.

00:20:14: Also oberhalb ist der Wald.

00:20:15: Das ist eben typisch, wie in der Pfalz, im Elsass, oben die Burgruine, der Wald, dann die Lage.

00:20:20: Und dann der steile Kern, da wird es ein bisschen flacher unten raus.

00:20:23: Und die Familie Faller hat einfach da einen Riesenbereich

00:20:29: und das ist über Generationen gewachsen und es ist eine großartige Familie.

00:20:34: Ich habe die Mama kennengelernt, schon in den jungen Jahren.

00:20:39: Die kam sehr oft zu uns in die "Schwarzwaldstube" zum Essen mit ihren beiden Töchtern.

00:20:46: Du hast schon bei vielen Winzer-Mamas am Tisch gesessen, nicht wahr?

00:20:50: Also jetzt ja auch bei Philipp´s Mama.

00:20:51: Also ich kann nur eins sagen, dass wir heute Mittag schon ein wunderbares Essen hatten.

00:20:56: Und auch hier auf dem Weingut Mittag zu essen hat was.

00:21:01: Wirklich, die sind kulinarisch wirklich weit vorne.

00:21:04: Und die Catherine, die das jetzt heute weiter macht,

00:21:06: das ist einfach schon ein Parade-Weingut im Elsass.

00:21:09: Die einfach über Generationen hinweg ein Niveau gehalten haben.

00:21:13: Das muss man erstmal können, ja.

00:21:14: Und den Stil eigentlich beibehalten hat, mit kleinen Änderungen, diese Phasen,

00:21:19: wo im Elsass vielleicht auch ein bisschen mit der Restsüsse mehr gespielt worden ist.

00:21:24: Und heute ist es wieder so strahlend, so puristisch.

00:21:25: Also Anfang der 2000er war das so ein bisschen...

00:21:28: Ich habe begonnen, mich Anfang der 2000er mit dem Elsass auseinanderzusetzen,

00:21:32: war dann ein bisschen am strugglen, weil ich dann immer wieder überrascht war von den Süßegraden teilweise.

00:21:38: Die auch auf dem Etikett nicht ersichtlich waren.

00:21:41: Hatte dann irgendwann eine Meinung,

00:21:45: musste die aber revidieren, als ich dann gelernt habe,

00:21:48: als dann die kühlen Jahrgänge kamen, als auch ein bisschen stilistisch sich nochmal was geändert hat,

00:21:52: mit 2008, 2010, 2013 und dann ging es mir plötzlich so, dass ich dachte, okay, kaufen.

00:21:57: Das habe ich jetzt zum Beispiel in so einem kleinen Weinladen im Elsass gekauft, so nebenbei.

00:22:05: Ich habe gesehen, das gibt's da, okay, komm´, nehme ich mit.

00:22:07: Da habe ich 6 Flaschen mitgenommen, da habe ich mich gefreut.

00:22:11: Und dann habe ich gesagt: Ja, das ist...

00:22:13: 2017 ist zur Zeit wunderbar...

00:22:14: Das musst Du erstmal kriegen.

00:22:17: Und dann war mir auch egal, ob das jetzt 10 Euro mehr oder weniger kostet,

00:22:20: im Vergleich, wenn du es irgendwo jetzt lange suchst, weil es was Besonderes ist.

00:22:23: Und wie gesagt, ich musste das lernen, weil Anfang der 2000er Jahre, Ende 90er bis vielleicht 2005, 2006,

00:22:32: das waren so Jahre, wo vielleicht auch aufgrund der Klimaveränderung einfach was passiert ist

00:22:38: und die Winzer sich auch erst adaptieren mussten.

00:22:41: Wir ja im Übrigen auch, nur in einer anderen Richtung.

00:22:43: Ich muss sagen, das ist ja in Deutschland eine andere Richtung.

00:22:45: Vorher war es bei uns nicht reif geworden, plötzlich war es reif und dann mussten wir auch lernen, damit umzugehen.

00:22:50: Und es ist auch Quatsch, manche Leute sagen, die Großen Lagen im Elsass sind zu warm.

00:22:56: Das stimmt so nicht.

00:22:58: Und letztendlich, Du stellst dann auch fest, dass die Großen Weine doch auch aus den Großen Lagen kommen.

00:23:04: Und dass es eben eine Frage des Handlings ist und eine Frage des Trinkzeitpunkts.

00:23:09: Das ist der Punkt, Trinkzeitpunkt.

00:23:11: Also eigentlich wie überall, oder?

00:23:13: Wenn man einen guten Winzer hat...

00:23:14: Das muss man nach 10 Jahren, 15 Jahren trinken, da sieht man es letztendlich.

00:23:18: Und ich glaube, was ich schon sehr oft festgestellt habe, ob mit Rieslingen oder mit anderen Rebsorten,

00:23:25: ist, dass irgendwann einfach die Lage den Jahrgang überschattet.

00:23:29: Dass man einfach die Jahrgangs-Stilistik gar nicht mehr so merkt, sondern wirklich die Lage,

00:23:33: vor allem in den Zwischenjahren, da erlebt man wirklich teilweise Überraschungen.

00:23:37: Und wo ich sage, okay, in einer Blindverkostung hätte ich diesen Wein vom Jahrgang her anders eingeschätzt.

00:23:43: Weil einfach in dem Jahr die eine Rebsorte so besonders war, genau in der Ecke,

00:23:50: dass die quasi in der Cuvée, ich spreche jetzt vielleicht von Rot, wo zwei, drei Rebsorten zusammenkommen,

00:23:54: dass genau in dem Jahr was passiert ist, dass dieser Wein so besonders geworden ist.

00:23:58: Und da erkennst Du nicht mehr den Jahrgang, sondern das ist einfach das Potenzial von dieser Lage.

00:24:03: Das überschattet irgendwann den Jahrgang. Und das merkt man ja bei 2003.

00:24:09: Das ist das beste Beispiel, wenn man 2003 zurückprobiert, heute.

00:24:12: Wir haben vor kurzem eine spannende Verkostung von Weiß, Rot, über verschiedene Anbaugebiete,

00:24:17: verschiedene Regionen gehabt und das war so spannend, wie die 2003er,

00:24:20: also ich spreche jetzt von der Spitze, wie die Weine viel eleganter geworden sind.

00:24:25: Die Weine haben sich gezogen, am Anfang waren die so kompakt, extrem muskulös.

00:24:30: Und mittlerweile: Die werden immer länger. Das ist Wahnsinn.

00:24:33: Und vor allem war es so, dass wir damals lernen mussten, was warmes Jahr bedeutet,

00:24:40: dass die erste Reife viel früher kommt. Und als dann bei den 2003ern schon 2005

00:24:46: die ersten Reifenoten teilweise in den Weinen war, das war schon wie ein Schock.

00:24:50: Und dann war es auch plötzlich so, ja, der Jahrgang, das kannst du vergessen,

00:24:53: es war zu heiß, wie auch immer. Am Ende stimmt das auch für viele Weine.

00:24:57: Absolut. Aber für die Guten, für die war das eine Phase.

00:25:01: Absolut. Und das ist ein Lernprozess.

00:25:04: Das ist wie ein Babyspeck.

00:25:05: Ist das nicht auch so, dass man 2003 irgendwie noch anders rangegangen ist,

00:25:10: weil jeder so froh war, dass es reif wurde und dass das es so tolles Wetter hatte?

00:25:14: Es gab ja schon mal heiße Jahre in der Vergangenheit.

00:25:17: Wenn man da die Alten gefragt hat, die haben gesagt, sie erinnern sich so an

00:25:22: 1959 oder 1949, an 1947. Also die hatten ja schon ein paar.

00:25:27: Selbst mein Vater hat so einen Jahrgang nicht vinifiziert, 1971 vielleicht war ein extremer.

00:25:32: Wir haben damals dann tatsächlich 1959er aus der Schatzkammer aufgemacht und

00:25:37: wir haben 1921er aus der Schatzkammer aufgemacht.

00:25:39: Wir haben beides probiert damals, das weiß ich noch,

00:25:42: wir haben beides verkostet, haben versucht zu verstehen, wie schmeckt das heute.

00:25:48: Und wir haben damals gesagt, okay, also wir haben in diesen Weinen Lebendigkeit gesehen.

00:25:52: Also sowohl in 1959 als auch in 1921, was natürlich

00:25:56: uralter Wein ist, keine Frage, aber dennoch, das war nicht so,

00:26:02: nach dem Motto, die Säure ist weg und der Wein wird alt und es ist irgendwie vorbei,

00:26:05: sondern da war Spannung drin.

00:26:07: So, jetzt sind wir dann davonausgegangen, okay, gesunde Trauben ist ein Faktor,

00:26:12: der da wichtig ist, Du darfst dann nicht an den Punkt kommen,

00:26:15: dass es dann drüber geht und dann musst du vielleicht auch überlegen,

00:26:22: wie haben die 1959, wir haben die 1921 gearbeitet: Schonend,

00:26:26: Korbpressen, nicht gerieben ohne Ende, sondern...

00:26:34: Und natürlich mit der Hand gelesen, klar.

00:26:36: Selbstverständlich.

00:26:36: Da gab es auch noch keine Chemie.

00:26:38: Genau, das gab es ja alles nicht.

00:26:39: Und insofern haben wir damals versucht, dem Pfad ein bisschen zu folgen.

00:26:44: Und am Ende muss ich auch sagen, dass ich mit dem, was wir aus 2003

00:26:48: heute in der Schatzkammer liegen haben, auch wirklich sehr zufrieden bin.

00:26:51: Wir haben in 2005 sogar ein bisschen mehr Probleme in dem Sinne,

00:26:56: dass die Reife für mich persönlich ein Stück weiter ist,

00:26:58: weil wir damals Ende August nochmal eine Hitzeperiode gekriegt haben.

00:27:03: Wir hatten relativ dünne Laubwände, weil kein Wasser da war

00:27:07: und wir hatten die Trauben zu frei hängen.

00:27:09: Okay, die haben Sonnenbrand gekriegt...

00:27:11: Zu viel Sonne.

00:27:14: Das ist immer noch im Kontext so, dass ich sage, es ist okay,

00:27:17: aber es ist trotzdem so, dass ich sage,

00:27:20: das waren falsche Ansätze, die da mit drin waren.

00:27:22: Das ist ein Riesenschritt mit diesem Thema Laub.

00:27:24: Ja, das musstest Du lernen.

00:27:26: Das musstest Du einfach lernen.

00:27:28: Ja klar.

00:27:29: Und ich glaube auch im Übrigen, die Prozesse sind ja nicht vorbei.

00:27:33: Der Klimawandel läuft immer noch weiter,

00:27:36: da brauchen wir uns auch keine Brille aufsetzen.

00:27:38: Das ist einfach so.

00:27:39: Und wir sind in einer Zeit, in der sich unheimlich viel verändert.

00:27:44: Was Dir bleibt ist: Beobachten.

00:27:46: Du musst Deine Böden anschauen, Du musst schauen,

00:27:49: wie viel Wasser ist da,

00:27:51: wie viel Wasser ist im Oberboden, was ist unten drin,

00:27:54: wie kommt so eine Rebe durch den Sommer, Laubwand-Management,

00:27:57: wie viel Schatten kannst Du haben und...

00:28:00: Wie guckst Du dir den Boden an? Machst Du Bohrungen?

00:28:02: Und gleichzeitig ist es so, dass du dann so ein Jahr bekommst

00:28:06: wie 2024, was plötzlich dann durch so einen sehr mittelmäßigen Sommer

00:28:11: sich immer weiter nach hinten verzögert.

00:28:14: Und plötzlich stehst du dann so da:

00:28:16: Okay, die müssen erst mal reif werden, die Dinger.

00:28:18: Also das ist so wie früher.

00:28:20: Früher warst Du der beste Winzer und der Held,

00:28:22: wenn Du ganz am Schluss Deine Trauben geerntet hast.

00:28:25: So ist es, Mitte Oktober.

00:28:26: Die mussten gesund sein und mussten so lange hängen wie möglich.

00:28:29: Am Ende hat dieses "gesund und so lange wie möglich"

00:28:31: eben auch für 2024 gegolten.

00:28:34: Aber für viele andere warme Jahrgänge ist es eben nicht so.

00:28:36: Was ich Dich schon immer fragen wollte: Merkst du jetzt in Deinen Weinbergen,

00:28:40: weil Ihr seid ja schon ein Betrieb, der extrem lang schon im Thema Biologisch arbeitet,

00:28:47: merkst Du da irgendwann, dass die Rebe resistenter ist,

00:28:50: an gewissen Dingen, zum Beispiel diesem Mehltau-Druck,

00:28:53: den wir hatten im Juni, also merkst Du da

00:28:57: in manchen Parzellen irgendwelche Veränderungen?

00:28:59: Also ich glaube schon, dass unter dem Motto Wachstums- Balance der Rebe unheimlich viel Energie drinsteckt

00:29:07: und auch Widerstandsfähigkeit drinsteckt.

00:29:09: Ja.

00:29:09: Das heißt, besser durchkommen durch so eine nasse Zeit,

00:29:15: aber eben auch besser durchkommen in so einer Trockenphase.

00:29:18: Und da brauchst du Balance der Rebe.

00:29:20: Die Rebe darf nicht sofort reagieren.

00:29:24: Das heißt, die Frage ist, wie schnell reagiert die Pflanze auf ihre Umweltbedingungen.

00:29:29: Und wenn Du eine hochgezüchtete Rebe hast, die Leistung im Sinne von Ertrag bringen soll

00:29:36: und die versorgt ist mit Stickstoff bis zum Maximum,

00:29:40: die reagiert sofort auf die Umstände.

00:29:43: Eine Rebe, die tief wurzelt, die schon auch ihre Energie braucht, um sich zu ernähren,

00:29:51: ohne dass sie hungern sollte, nimmt diese Umwelteinflüsse später wahr,

00:29:56: weil die Reben tiefer wurzeln, weil dieser unmittelbare erste Eindruck gar nicht zu einer Veränderung kommt.

00:30:04: Und das hilft Dir.

00:30:06: Das hilft Dir also auch in den nassen Phasen: Das Wasser kommt von oben.

00:30:10: Wenn die ganzen Feinwurzeln in den ersten 80 Zentimetern sind und alles daher kommt,

00:30:17: dann ist es auch direkt im Blatt und an den Trauben.

00:30:22: Wenn das aber von tiefer unten kommt, braucht es länger, bis es überhaupt soweit kommt.

00:30:26: Also muss das Ziel sein, eine Balance zu finden für die Rebe,

00:30:29: ohne dass sie anfängt zu hungern, weil hungern ist auch nicht gut.

00:30:31: Weil wenn was fehlt, dann wirst du das im Wein später auch merken, dass was fehlt.

00:30:36: Das merkt man ja, wenn man Sport macht.

00:30:38: Also wenn man viel Fahrrad fährt und dieser sogenannte "Hunger-Ast" kommt,

00:30:42: dann musst Du dich hinsetzen und Du brauchst 40 Minuten, bis Du Dich erholt hast.

00:30:45: Dann nehmen wir den Sportvergleich und sagen, OK,

00:30:48: so eine Vegetationszeit ist wie ein Halbmarathon oder ein Marathon.

00:30:53: Und wenn die Rebe am Anfang zu schnell wächst, zu schnell unterwegs ist,

00:30:59: dann ist sie auch sensibler in den Phasen, wo dann plötzlich all die Einflüsse kommen.

00:31:04: Unsere Reben sind immer ein bisschen langsamer im Wuchs als die Allgemeinheit.

00:31:10: Du denkst dann immer, was ist mit denen los, wieso kommen die nicht?

00:31:13: Aber das ist überhaupt nicht notwendig, dass du in den ersten zwei Monaten

00:31:17: diesen vegetativen Wuchs in dem Extrem hast,

00:31:20: weil entscheidend ist, dass Du später irgendwann eine Laubwand hast

00:31:24: mit ausreichend Blattfläche für Photosyntheseleistung,

00:31:27: für die Einlagerung von den Aromen in die Trauben später, von den Wurzeln her.

00:31:32: Da kommt dann die entscheidende Phase nach der Blüte.

00:31:35: Der Weg hin zur Blüte, da ist entscheidend, dass Du keine Zeit verlierst,

00:31:39: dass Du nicht hinterher hängst.

00:31:41: Aber es ist nicht notwendig, dass Dein Weinberg der Erste ist,

00:31:45: der die ersten Triebe ganz oben hat.

00:31:49: Und deshalb, lieber langsam, lieber etwas weniger Versorgung, aber ausreichend.

00:31:56: Und dann kommst Du zum Punkt und dann marschieren die auch durch und

00:31:58: reagieren nicht so schnell.

00:32:00: Das klingt alles natürlich gut, weiß ich.

00:32:04: Da ist auch definitiv was dran.

00:32:06: Jetzt kannst du natürlich aber auch sagen, wenn Du über das Thema

00:32:10: Pflanzenschutz sprichst und Traubengesundheit,

00:32:14: okay, warum sind Wittmann´s Trauben immer gesund?

00:32:18: Da kannst Du sagen, ja gut, der tut ja auch kiloweise Backpulver spritzen

00:32:22: im Sommer und das Backpulver hat eben einen brutal guten Einfluss

00:32:26: gegenüber dem Oidium-Pilz, gegenüber dem Mehltau.

00:32:29: Das hilft eben einfach.

00:32:31: Das heißt, der ist eben auch nah dran

00:32:33: und betreibt auch einen proaktiven Pflanzenschutz.

00:32:37: Auf der Basis natürlicher Mittel, aber trotzdem in sehr engen Abständen

00:32:40: und ist da dran.

00:32:42: Wir machen beides.

00:32:43: Wir sind schon nah dran und wir kümmern uns auch in Jahren wie 2024

00:32:49: darum, dass die Reben gesund bleiben, weil natürlich kommt der Mehltau

00:32:52: und der Falsche Mehltau, wenn das Wetter extrem ist, irgendwann,

00:32:55: wenn Du nix machst.

00:32:56: Das ist ja ganz klar.

00:32:58: Und Du musst halt schauen, dass Du gut beobachtest, Du brauchst auch immer

00:33:02: ein bisschen Glück, weil Wetter ist nicht so verhersehbar.

00:33:05: Und viel Fleiß dann auch, oder?

00:33:06: Die Wahrheit ist am Ende, sind diese vielen Komponenten übereinandergelegt?

00:33:13: Also ich würde mich da jetzt nicht hinstellen wollen als

00:33:18: derjenige, der es weiß und so wie wir es machen, ist es perfekt und

00:33:20: wieso machen das alle anderen nicht.

00:33:22: Nein, nicht in jedem Jahr läuft auch alles genauso,

00:33:25: wie Du es gerne haben möchtest.

00:33:27: Aber es hilft eben, wenn Du nah dran bist.

00:33:30: Das hilft immer.

00:33:31: Und wenn Du ein Gefühl für die Dinge entwickelst.

00:33:33: Ja, und letztendlich, also von meiner Erfahrung her,

00:33:35: zeichnet sich ja so ein Betrieb aus über diese schwierigen Jahre.

00:33:40: Ja, genau.

00:33:42: Da bleiben wenige übrig, wo es gut ist.

00:33:44: Das ist immer für mich das Maß, absolut, also ich habe auch

00:33:48: großartige Verkostungen im Piemont gehabt, Du hast 2014,

00:33:51: was ja auch ein verheerendes Jahr war im Piemont.

00:33:53: Und da gab es ab und zu mal ein paar Ausnahmen,

00:33:57: die wirklich auch biologisch arbeiten.

00:33:59: Und wenn nach 50, 60 Jahren die Rebe es geschafft hat,

00:34:03: in den Jahren trotzdem Trauben zu produzieren,

00:34:05: die einfach gut sind. Die Rebe sah immer gut aus.

00:34:11: Es gibt schon immer Ausnahmen.

00:34:12: Aber würdest Du dann sagen, wenn Du das auch so

00:34:17: jetzt europaweit beobachtest und in die Weingüter gehst

00:34:21: und dass diese Reben, die bio behandelt werden,

00:34:24: wirklich immer besser aussehen, auch in den schwierigen Jahren,

00:34:27: ist das so? Nein. Siehst Du, okay.

00:34:29: Also das ist ja meine Frage, die ich auch an Dich stellen wollte.

00:34:31: Man hat ja gehört, dass jetzt für viele junge Betriebe,

00:34:35: die umgestellt haben vor vier, fünf Jahren,

00:34:37: mit diesen Schwierigkeiten, die wir hatten,

00:34:40: einfach auch in Frankreich habe ich das ein paar Mal gehört,

00:34:43: dass sie kurz davor sind zu sagen, okay, die wollen sich

00:34:47: eine Tür offen lassen, weil die einfach so viel Ernteverlust hatten...

00:34:51: Mit dem Bio quasi? ...in den letzten 5 Jahren.

00:34:53: Also das hört man schon auch, ich weiß nicht, ob es auch in Deutschland gilt,

00:34:56: das ist schon noch so...

00:34:58: Es ist ja nicht einfach, glaube ich, wenn man da...

00:35:01: Wir haben eben das Problem im Weinbau,

00:35:05: wie in vielen anderen Lebensbereichen auch,

00:35:08: dass die Politik unheimlich viel Einfluss nimmt auf das,

00:35:10: was Zertifizierung bedeutet und was dahinter steht.

00:35:14: Wenn ich heute ganz frei entscheiden könnte,

00:35:18: wie ich wirtschaften will,

00:35:19: ich bin total überzeugt von biologischer Wirtschaftsweise,

00:35:22: nur die EU-Richtlinien für Biobewirtschaftung

00:35:26: sind in manchen Bereichen einfach Schwachsinn.

00:35:30: Da gibt es das eine oder andere Mittel,

00:35:32: gerade im Bereich zur Bekämpfung des falschen Mehltaus, da

00:35:35: gibt es die Phosphorige Säure, die wirklich ein Naturprodukt ist,

00:35:39: die auch wirkt.

00:35:41: Und wenn ich Phosphorige Säure, die im Bio-Weinbau zugelassen war über Jahre,

00:35:46: wenn ich die einsetze, brauche ich weniger Kupfer.

00:35:49: Was Sinn macht. Absolut.

00:35:51: Die Phosphorige Säure war nicht als Pflanzenschutzmittel dokumentiert,

00:35:57: aber sie war zulässig.

00:35:59: In dem Moment, wo sie Pflanzenschutzmittel wurde,

00:36:01: weil auch der konventionelle Anbau gelernt hat,

00:36:03: damit kann man was machen,

00:36:04: in dem Moment, wo sie Pflanzenschutzmittel wurde,

00:36:06: hat die EU entschieden,

00:36:07: okay, dann lassen wir sie für Bioanbau nicht mehr zu.

00:36:10: Das heißt, heute im Bioanbau fehlt

00:36:13: ein entscheidendes, natürliches Pflanzenschutzmittel,

00:36:18: um den Falschen Mehltau zu bekämpfen.

00:36:21: Und dieses Pflanzenschutzmittel hat nicht chemisch-synthetische

00:36:25: Hintergründe und Wirksamkeiten im systemischen Bereich,

00:36:29: sondern das ist ein nachgebautes Naturprodukt.

00:36:33: Da kommt Bürokratie und Polit-Wahnsinn ins Spiel,

00:36:38: der Dich in Regeln zwingt.

00:36:40: Gleichzeitig ist es so, dass biologischer Anbau

00:36:43: subventioniert wird, mit vielen EU-Geldern.

00:36:47: Das bedeutet aber auch: Viel Subvention, viel Kontrolle.

00:36:51: Du bist in den Zwängen von diesem ganzen Wahnsinn.

00:36:54: Deshalb sage ich heute, ich will von niemandem Geld haben

00:36:57: für das, was ich da mache.

00:36:58: Ich möchte meinen Weinbau so machen, wie ich mir das als ideal vorstelle.

00:37:02: Und ich will aber auch nicht kontrolliert werden,

00:37:04: lasst mich bitte in Ruhe.

00:37:05: Deshalb würde ich, wenn ich heute von Null an entscheiden könnte,

00:37:07: sagen, ich verzichte auf diese Bio-Zertifizierung.

00:37:10: Ich mache Philipp Wittmann-Anbau,

00:37:12: der biologisch ist aus meiner Sicht, der verzichtet auf chemisch-synthetische

00:37:15: Pflanzenschutzmittel und so weiter.

00:37:17: Aber hört mir auf mit diesem Wahnsinn. Ja, verstehe.

00:37:19: Natürlich, als Weingut, das seit über 30 Jahren zertifiziert ist,

00:37:23: kannst Du diesen Schritt nicht zurückgehen...

00:37:24: weil das würde sofort heißen, Du würdest es lassen...

00:37:29: Für einen jungen Betrieb, glaube ich, ist es der richtige Weg.

00:37:31: Am Ende ist es so, je mehr Freiheit man sich holen kann

00:37:36: als Landwirt und Winzer, um so schlauer ist man eigentlich.

00:37:41: So ist mein Blick auf die Dinge.

00:37:43: Es ist eben von außen, wenn Du keine Ahnung hast

00:37:46: und da hat ein Weingut so eine Zertifizierung,

00:37:48: dann denkst du, die arbeiten Bio,

00:37:51: sonst musst Du Dich schon sehr mit dem Betrieb beschäftigen.

00:37:54: Klar, logisch.

00:37:55: Wenn ich zum ersten Mal auf ein Weingut komme

00:37:57: und das Weingut nicht kenne,

00:37:58: versuche ich mit dem Winzer erst mal den Jahrgang zu verkosten,

00:38:01: und wenn es möglich ist,

00:38:03: dann kann man auch eine gewisse Jahrgangstiefe von einer Parzelle probieren,

00:38:06: um einfach zu sehen, wie arbeitet der Winzer in unterschiedlichen Jahren,

00:38:10: in schwierigen Jahren, in Problemjahren.

00:38:13: Und wenn in den Jahren diese Weine überragend sind,

00:38:15: strahlend sind und einfach diese Energie, diese Spannung mitbringen,

00:38:19: dann sage ich, ja, da kannst du starten.

00:38:22: Das ist ein Betrieb, der einfach...

00:38:25: Und vor allem, das Thema ist ja auch in vielen Bereichen:

00:38:30: Man hat also zwei, drei Top-Weine

00:38:32: und dann gibt es ja auch eine große Menge an anderen Weinen.

00:38:36: Und die Handschrift eines Weinguts ist für mich der Einstiegswein.

00:38:41: Das ist wie wenn man in die "Schwarzwaldstube" kommt,

00:38:44: der erste Gruß, das ist die Einleitung.

00:38:46: Damit öffnest Du, damit machst Du die Sache spannend,

00:38:50: damit regst Du Sachen an,

00:38:52: und das macht man ja auch mit dem Wein genauso.

00:38:54: Wenn man so einen Einstiegswein probiert,

00:38:57: dann ist es auch, wow, spannend.

00:38:59: Das ist zwar ein leichter, erfrischender Weisswein,

00:39:03: der aus einer Parzelle oder einem Ort kommt,

00:39:05: oder aus verschiedenen Parzellen.

00:39:06: Aber der hat bei mir was bewirkt,

00:39:09: dass ich auf jeden Fall neugierig bin, weiter zu verkosten.

00:39:12: Und das ist ganz, ganz wichtig.

00:39:13: Diesem Einstiegswein sollte man genau dieselbe Sorge...

00:39:19: ...auflegen, widmen.

00:39:20: ...Absolut.

00:39:21: Du bist ja jetzt seit über 30 Jahren in Baiersbronn,

00:39:25: in der "Schwarzwaldstube".

00:39:26: Wie bist du da hingekommen?

00:39:27: Und wie haben die es geschafft, Dich da zu halten?

00:39:30: Soo lange. Wie geht das?

00:39:33: Zwei gute Fragen.

00:39:35: Also ich kam tatsächlich zum ersten Mal in die "Schwarzwaldstube"

00:39:39: zusammen mit meiner Oma.

00:39:40: Meine Oma hat mir das quasi zu meinem 18. Geburtstag geschenkt.

00:39:44: Und meine Oma hatte das Restaurant

00:39:47: im elterlichen Betrieb gehabt im Elsass,

00:39:49: und mit ihrer besten Freundin, ist sie viel,

00:39:51: viel Essen gegangen. Auf alle Fälle,

00:39:53: eines Tages sagt sie, Du musst da mal unbedingt hingehen.

00:39:54: Da sind zwei Häuser, Bareiss und Traube, die sind in beide gegangen.

00:39:59: Und da sind wir da hochgefahren und haben da zu Mittag gegessen.

00:40:02: Und ich war sehr begeistert.

00:40:04: Ich war gerade in der Hotelfachschule in Strasbourg,

00:40:06: habe mein Fachabitur zu Ende gemacht,

00:40:07: habe die Sommelier-Schule danach angefangen.

00:40:10: Und der Heiner Finkbeiner, der ja heute immer noch anwesend ist,

00:40:15: mit seinen beiden Söhnen, die ganze Familie

00:40:17: ist ja mit involviert im Betrieb.

00:40:19: Der kam an den Tisch und meine Oma, ich weiß noch,

00:40:22: die hat so die Hand auf seine gelegt und hat gesagt,

00:40:23: ja, mein Enkel ist in der Hotelfachschule,

00:40:25: der wird irgendwann bei Ihnen arbeiten.

00:40:27: Meine Oma war immer sehr direkt.

00:40:31: Und sie meinte zu ihm, wenn er kommt,

00:40:34: soll er auf alle Fälle auf mich aufpassen.

00:40:36: Und es vergingen dann drei Jahre,

00:40:39: und dann eines Tages habe ich mich tatsächlich

00:40:41: in der "Schwarzwaldstube" beworben.

00:40:43: Anfang der 90er-Jahre war das ja noch eine andere Zeit als heute,

00:40:46: da musste man auch schon jemanden kennen,

00:40:47: musste man schon irgendwie einen Eintritt haben,

00:40:49: dass man überhaupt in diesen Häusern arbeiten durfte.

00:40:51: Hast du ein Bild von Deiner Oma mitgeschickt?

00:40:54: Ja, wir sind dann tatsächlich,

00:40:57: meine Eltern haben mich begleitet damals,

00:41:00: das war so üblich, dass die Eltern dann mitgehen,

00:41:02: und dann hat man das Gespräch geführt.

00:41:05: Und das war 1991 und tatsächlich,

00:41:10: ein paar Monate später habe ich dann angefangen.

00:41:13: Aber da hat die Oma schon was mit Dir gemacht,

00:41:15: dass Du Dich da beworben hast. Schon cool.

00:41:17: Also unsere Oma, die hat uns einfach als Kinder,

00:41:21: also beide Omas, weil auf einer Seite der Bauernhof,

00:41:26: die ich immer nur in der Küche gesehen habe,

00:41:28: weil die da 10, 12 Leute jeden Tag am Tisch hatte.

00:41:31: Es war ein großer Hof, wo Tabak angebaut worden ist,

00:41:34: Hopfen, Zuckerrüben, viele Milchkühe,

00:41:37: Schweine, Pferde, alles da.

00:41:40: So ein klassischer großer Bauernhof,

00:41:41: mitten im Ort neben der Kirche, der Opa

00:41:44: war auch Bürgermeister, ja.

00:41:45: Das ist meistens so, wenn der Hof neben der Kirche ist.

00:41:47: Ja, dann läuft´s.

00:41:49: Das ist der bedeutendste Hof.

00:41:52: Das habe ich auch erst im Nachhinein erfahren.

00:41:56: Also der Hof, der neben der Kirche ist,

00:41:58: das ist immer ein besonderer Hof.

00:42:00: Und dann eben in Birkenwald,

00:42:02: wo ich groß geworden bin, hat die Oma, die Köchin war,

00:42:05: uns ganz früh mit den ganzen Produkten

00:42:08: konfrontiert und wir haben ja früher so Schlachtessen gemacht.

00:42:12: Aber es war trotzdem eine richtig gute Köchin,

00:42:13: wenn die dann auch in so ein tolles Restaurant gegangen ist.

00:42:16: Ja, klar, bei uns, ich sage mal so, das klingt jetzt vielleicht ein bisschen...

00:42:19: aber wir sind tatsächlich sehr früh

00:42:22: schon mit edlen Produkten konfrontiert worden.

00:42:26: Das war einfach so, das war so.

00:42:27: Das Elsass hat immer, sage ich mal, mit Gänseleber gearbeitet,

00:42:31: mit Krustentieren, da gab es auch Trüffel.

00:42:34: Meine Oma hat eine Freundin im Südwesten Frankreichs gehabt,

00:42:37: also im Périgord, meine Oma hat ihr Gänseleber geschickt,

00:42:40: sie hat ihr Trüffel geschickt. Wunderbar. Toll.

00:42:41: Die hatten sich am Ende des Krieges kennengelernt und

00:42:44: waren seitdem in Verbindung.

00:42:46: Ja, und dann habe ich dann in der "Traube Tonbach" angefangen,

00:42:50: 1991, und das war eine spannende Zeit.

00:42:53: Die hatten damals zwei Sterne noch.

00:42:55: Und dann hat mein Vorgänger, der Christoph Dirksen damals,

00:42:59: der der Chef-Sommelier war in der "Schwarzwaldstube",

00:43:02: mich eingearbeitet, angelernt.

00:43:04: Und das war wirklich eine harte Schule,

00:43:06: die mir sehr gut getan hat, also Nachhinein gesehen.

00:43:09: Ich war viel an der Mosel gewesen, weil er bei Schloss Saarstein gearbeitet hat damals,

00:43:13: also bevor er Sommelier geworden ist

00:43:17: und alle seine Freunde da waren.

00:43:19: Da waren wir sehr oft und haben viel, viel probiert.

00:43:22: Und er hat mich wirklich...

00:43:22: ...Aber er hat Dich auch schön mitgenommen.

00:43:24: Total, von Anfang an, von Anfang an.

00:43:26: Aber ich war halt immer sehr neugierig,

00:43:27: ich wollte immer probieren.

00:43:29: Und es war eigentlich auch so ein bisschen so:

00:43:31: Die Straßburger Hotelfachschule fokussiert zu 95%,

00:43:34: 98%, auf französische Weine.

00:43:36: Ich wollte unbedingt rausgehen aus Frankreich,

00:43:38: ich wollte was anderes kennenlernen.

00:43:39: Ich wollte die deutschen Weine, italienische, spanische.

00:43:42: Und ich weiß noch damals, als ich diese Weinkarte gelesen habe,

00:43:44: da war Spanien, da war Italien drauf,

00:43:46: da war Portugal drauf,

00:43:48: Österreich, Schweiz,

00:43:50: da waren so viele Länder drauf.

00:43:51: Da habe ich gesagt, super spannend, klar war der Fokus auf Deutschland und Frankreich,

00:43:54: aber das hat mich auf alle Fälle gereizt.

00:43:57: Und dann...

00:43:59: Du hast ja auch gefragt,

00:44:00: wie schafft man es dann,

00:44:02: so lange in einem Haus zu bleiben?

00:44:04: Letztendlich ist es ja so,

00:44:05: da gehören ja immer viele, viele Faktoren zusammen.

00:44:08: Und eines Tages kommt dann der Punkt,

00:44:10: wo es heißt, so, der aktuelle Chef-Sommelier

00:44:13: verlässt die "Schwarzwaldstube".

00:44:15: Ja, es besteht die Möglichkeit,

00:44:17: diese Position zu übernehmen,

00:44:19: aber das war noch gar nicht im Gespräch.

00:44:20: Auf jeden Fall hat man mehrere Monate

00:44:22: jemand Neues gesucht, es kamen auch einige Bewerber.

00:44:24: Die hast Du alle vergrault an der Tür.

00:44:27: Nein, ich nicht, ich weiß nicht,

00:44:29: ob ich die alle gesehen habe,

00:44:30: es kamen auch ein paar aus dem Elsass, ein paar Deutsche.

00:44:33: Und eines Tages war es tatsächlich so,

00:44:36: dass Heiner Finkbeiner mich ins Büro gerufen hat und

00:44:40: meinte, ich soll mich mal hinsetzen.

00:44:42: Und dann hat er mir gesagt,

00:44:45: er könnte sich sehr, sehr gut vorstellen,

00:44:47: dass ich diese Position übernehme.

00:44:48: Und da war ich gerade mal 23... ...Krass...

00:44:51: ...und da schaue ich ihn so an,

00:44:54: sage ja, das wäre alles sehr, sehr früh,

00:44:57: und die Erfahrung.

00:44:59: Nein, Du schaffst das.

00:45:01: Das ist aber toll, wenn man

00:45:03: so jemanden hat, der einen so stärkt.

00:45:05: Absolut, und ich glaube,

00:45:06: dafür ist die "Traube Tonbach" aber bekannt,

00:45:08: einfach junge Talente früh zu entdecken,

00:45:09: und einfach die zu fördern,

00:45:11: und die in die richtige Position zu bringen.

00:45:13: Ich weiß noch, er sagte mir

00:45:15: als letzten Satz,

00:45:17: ich lasse Dir eine Woche Zeit,

00:45:18: überlege Dir das gut, Du kannst noch mal mit Deinen Eltern sprechen,

00:45:20: oder mit Deinen Freunden.

00:45:22: Ich weiß noch, ich bin damals aus seinem Büro raus,

00:45:23: mache die Tür auf und da hatte er noch eine zweite Tür.

00:45:26: Und bevor ich durch die zweite Tür bin,

00:45:27: habe ich mich umgedreht,

00:45:28: habe die Tür wieder aufgemacht,

00:45:29: habe ihn angeschaut, ihm die Hand gegeben,

00:45:31: ich mache das.

00:45:32: Überragend!

00:45:36: Er hat gestrahlt und

00:45:37: hat gesagt, okay,

00:45:38: machen wir.

00:45:40: Und so, ja, seitdem sind es jetzt 34 Jahre.

00:45:41: Gänsehaut-Moment, siehst Du?

00:45:46: Philipp kriegt sonst nur Gänsehaut, wenn wir über Lagen sprechen...

00:45:49: Und er hat mich dann wahnsinnig unterstützt,

00:45:53: überall hingeschickt... Ach toll.

00:45:54: ...und Weinreisen finanziert,

00:45:57: und, und, und, und, und, und.

00:45:59: Klar, in den jungen Jahren,

00:46:01: man ist da Anfang 20,

00:46:03: man kommt an den Tisch und

00:46:05: möchte da eine Empfehlung aussprechen.

00:46:08: Und am Anfang war es oft so,

00:46:09: die Gäste haben mich angeschaut und gesagt:

00:46:10: Gehen Sie zu Herrn Finkbeiner,

00:46:11: der weiß, was wir trinken.

00:46:13: Oh oh. Das ist nicht einfach.

00:46:17: Ja. Und irgendwann denkst Du,

00:46:19: das muss sich ändern.

00:46:20: Dann habe ich eines gemacht,

00:46:21: tatsächlich, dass ich wirklich jedes Weingut,

00:46:25: also bis auf Neue Welt,

00:46:27: damals Neue Welt, also

00:46:28: Amerika, Australien,

00:46:31: Südafrika, dass ich tatsächlich wirklich jedes

00:46:32: Weingut besucht habe.

00:46:34: Jeden freien Tag, jeden Urlaub

00:46:37: war ich unterwegs.

00:46:38: Und habe einfach all diese Winzer besucht.

00:46:39: Ich wollte sie alle kennenlernen, ich wollte mit ihnen gesprochen haben,

00:46:42: ich wollte mit ihnen in den Weinbergen gewesen sein, ich wollte die Weine probieren.

00:46:45: Ich wollte einfach die Person kennenlernen.

00:46:46: Das heißt, irgendwann war ich in der Lage,

00:46:48: jedem Gast bei jeder Frage, die kam,

00:46:51: jeden Wein,

00:46:52: so viele Emotionen,

00:46:55: einzelne Momente,

00:46:57: zu beschreiben, die ich dort auf den Weingut erlebt habe.

00:47:00: Und es gab ja noch kein Internet.

00:47:01: Ja, genau.

00:47:02: Es gab einen Weinatlas von Johnson,

00:47:05: oder wie auch immer,

00:47:07: und da hatte man ein paar Informationen,

00:47:09: aber alles andere hast Du vor Ort geholt.

00:47:10: Oder von Weinhändlern oder

00:47:13: von Winzern.

00:47:14: So hat sich das eben entwickelt.

00:47:15: Und irgendwann bist Du dann so weit,

00:47:17: dass die Gäste sagen,

00:47:19: okay, dem jungen Mann, dem vertrauen wir jetzt,

00:47:22: der hat uns jetzt zwei, drei Mal so überrascht

00:47:25: mit irgendwelchen Entdeckungen und

00:47:26: so hat es eben angefangen. Toll.

00:47:29: Und dann irgendwann kam der 3. Stern,

00:47:31: er kam sehr schnell,

00:47:32: das war 1992.

00:47:34: Und zu dem gesamten Paket

00:47:36: gehört, klar,

00:47:38: ein Team,

00:47:41: eine überragende Küche,

00:47:42: ein überragender Service,

00:47:43: ein toller, französischer Oberkellner,

00:47:45: Jean-Luc Poussin,

00:47:47: der aus der Bretagne kam,

00:47:49: der auch ein großartiger Mensch war.

00:47:51: Und so ging es weiter

00:47:53: und seitdem sage ich ja ganz bewusst,

00:47:56: ich habe jetzt Küchenchefs überlebt,

00:47:58: viele Oberkellner

00:47:59: und bin immer noch da.

00:48:01: Darauf trinken wir mal,

00:48:04: dass Du noch da bist. Oh, der Philipp hat nix mehr.

00:48:05: Ja, ich habe schon wieder leer, ich habe noch vorprobiert. Ich habe gesehen, Du hast öfter probiert.

00:48:10: Ich weiß auch, was Du meinst.

00:48:13: Wieso?

00:48:15: Das ist so ganz...

00:48:17: ...das hat nicht diese Strahlkraft,

00:48:19: hat nicht diesen,

00:48:20: diesen Zug,

00:48:21: diese Saftigkeit,

00:48:22: ich weiß, was Du meinst.

00:48:23: Hast Du es schon probiert? Nein, nein.

00:48:25: Ich habe ihn nur beobachtet.

00:48:26: Wir haben eine Flasche vor uns,

00:48:29: die eigentlich mega-schön sein sollte,

00:48:31: die eben nur schön ist.

00:48:32: Und da ist so ein...

00:48:35: ...wahrscheinlich von dem Kollegen hier...

00:48:38: ...von dem Korken...

00:48:39: ...ein Phenol-Hauch drüber,...

00:48:44: Ja,

00:48:45: der wirkt so ein bisschen auf der Zunge,

00:48:45: wie so ein bisschen ausgebremst,

00:48:47: so ein bisschen was rauhes auf der Zunge. ...der den Wein nicht strahlen lässt.

00:48:50: 2015 war super spannend bei Dir,

00:48:52: weil Du hattest ja auch relativ niedrige Alkohol-Werte.

00:48:55: Genau.

00:48:55: Du hattest ja immer ein bisschen Regen gehabt,

00:48:57: ich weiß noch damals, dass Du mir das erzählt hast,

00:48:59: weil ich war so überrascht von 2015 hier,

00:49:01: in dieser Ecke,

00:49:03: dass die so spielerisch, tänzerisch, elegant waren,

00:49:05: und nicht so...

00:49:06: Und die Säure spürst Du in dem Wein auch.

00:49:09: Ja, absolut.

00:49:09: Aber es ist wie gesagt,

00:49:10: es ist so ein bisschen so,

00:49:12: er könnte noch ein bisschen mehr strahlen.

00:49:14: Und Du hast jetzt einfach den Philipp beobachtet

00:49:16: und hast, alleine so wie er...

00:49:18: Ja, genau, man kennt sich ja auch.

00:49:22: Wir probieren so viel Weine,

00:49:23: ich sag mal, ja,

00:49:25: das zeichnet ja letztendlich auch einen Verkoster aus.

00:49:28: Ich glaube, Sommeliers und auch Winzer, mit der

00:49:32: Schnelligkeit, mit der wir eine Entscheidung treffen müssen.

00:49:37: Da hat er ein bisschen mehr Zeit noch als ich,

00:49:39: weil ich stehe vor dem Gast,

00:49:41: mache eine Flasche auf,

00:49:42: rieche und probiere,

00:49:44: und dann, in zehn Sekunden,

00:49:46: muss ich reagieren, was mache ich jetzt?

00:49:48: Ist die Flasche so, wie sie sein soll?

00:49:50: Oder hole ich eine neue Flasche?

00:49:53: Und diese Entscheidung zu treffen,

00:49:55: bei dem ersten Schluck, den man probiert,

00:49:58: es ist ja kein Riesen-Schluck, es ist ein kleiner Schluck.

00:50:01: Und da braucht man extrem viel Erfahrung,

00:50:04: extrem viel Sensorik,

00:50:07: dass man das so wirklich auf den Punkt bringt. Das ist ganz schwer,

00:50:10: Entschuldigung.

00:50:11: Du schaffst das Ich schaffe das.

00:50:13: Sorry.

00:50:15: Das ist ja auch ein Desaster für ein Restaurant,

00:50:17: wenn es immer mal eine Flasche gibt,

00:50:21: die jetzt was hat,

00:50:23: Aber wenn man jetzt von einem Weingut was hat,

00:50:25: was gereift ist und es hat Kork oder so,

00:50:28: das ist ja schon auch unschön.

00:50:30: Klar ist das unschön. Was macht man dann?

00:50:32: Rufst Du dann an im Weingut?

00:50:34: Wenn eine Flasche jetzt 15, 20 Jahre in der "Traube Tonbach" liegt,

00:50:37: dann werde ich mich hüten,

00:50:39: jetzt diese eine Flasche zu reklamieren.

00:50:41: Man macht sich nicht so beliebt, aber ich denke...

00:50:43: Klar, ich sage mal, so was ist sehr, sehr selten.

00:50:46: Also, man macht eine Mischkalkulation,

00:50:48: ein Prozentsatz wird einkalkuliert,

00:50:52: wenn Du eine größere Charge hast, musst du das dem Weingut sofort melden.

00:50:54: Du musst denen sagen: Hier aufpassen.

00:50:56: Du hast jetzt einen Wein, da ist eine Charge, da haben wir jetzt innerhalb 36 Flaschen

00:51:00: fünf Flaschen mit Korkproblemen gehabt, dann muss man das melden.

00:51:02: Der Winzer muss das wissen, das ist ja ein Feedback.

00:51:05: Und ich sage mal so, zu 95% haben wir überhaupt gar kein Problem, da wird einfach drüber gesprochen,

00:51:09: dann werden die Sachen ersetzt, ohne Wenn und Aber.

00:51:11: Bei den Händlern wird es manchmal unterschiedlich gehandhabt,

00:51:14: manche Winzer mittlerweile mit sehr hochpreisigen Weinen

00:51:16: wehren sich auch dagegen, die Flasche zu ersetzen,

00:51:19: was ich nicht gut finde, persönlich,

00:51:21: also wenn ich das jetzt einfach mal so sagen darf.

00:51:22: Weil, wenn eine Flasche 300, 400 Euro kostet,

00:51:25: dann muss der Winzer dahinter stehen. Und dann muss er sich einfach

00:51:27: mit der Thematik auseinandersetzen und das nicht von sich schieben:

00:51:32: Der Händler hat jetzt die Verantwortung, oder das Restaurant hat die Verantwortung.

00:51:36: Letztendlich ist es ja ein Umsatz, der nicht entsteht.

00:51:40: Wir haben einen Einkaufspreis bezahlt für diese Flasche, die Flasche liegt jetzt 10 Jahre in dem Keller.

00:51:45: Wenn es nur Nuancen sind, ich spreche da von nichts Schlimmerem, aber für mich ist es wirklich so:

00:51:49: Wenn der Wein fehlerhaft ist, wenn der Wein wirklich einen Kork hat,

00:51:52: dann müssen eigentlich diese Weingüter, die in dem Preissegment sich bewegen

00:52:01: einfach viel kulanter sein.

00:52:03: Wir schicken die Flasche hin aufs Weingut, es ist nicht so, dass ich anrufe und sage:

00:52:05: Hier, wir haben jetzt eine Flasche, die Kork hat, sondern die Flasche wird eingepackt mit dem Original-Korken und

00:52:10: aufs Weingut geschickt.

00:52:12: Ich spreche jetzt von hochpreisigen Weinen.

00:52:14: Wenn es Weine sind für sieben, acht Euro, da reden wir mit dem Winzer und sagen: Hier, das ist auf Vertrauensbasis.

00:52:18: Und der macht das ja nicht jeden Monat, sondern das kommt einmal im Jahr vor,

00:52:22: dann reden wir drüber und da finden wir eine gemeinsame Lösung.

00:52:25: Und mit manchen Händlern funktioniert es ja auch.

00:52:27: Aber wenn es eine Flasche ist, die dann nachher auf der Karte 1.000,00 Euro kostet und

00:52:30: diese Flasche einen Fehler hat, und ich muss mich dann mit dem Winzer streiten,

00:52:34: dass diese Flasche ersetzt wird, das darf nicht sein.

00:52:38: Das stimmt. Weil, er kann nicht die Verantwortung

00:52:41: in unsere Hände legen. Und Du schickst es ja sogar zurück,

00:52:43: es ist ja nachweisbar. Ja. Ja, klar. Ja, logisch. Das muss man ja auch.

00:52:45: Ich glaube, was auch häufig einmal passiert ist,

00:52:48: dass so Privatleute ständig sagen, sie haben Kork und haben gar keinen, oder?

00:52:51: Nein, aber das ist besser geworden.

00:52:53: Diese Diskussion findet seltener statt.

00:52:56: Aah! Gut? Grossartig!

00:53:00: Wir tun generell, wenn so was ist, auch den Wein ersetzen.

00:53:04: Du hast hin und wieder mal so eine dubiose Thematik.

00:53:09: In der Regel ist es so, dass ich dann, wenn jemand von meinem Team kommt und fragt:

00:53:12: Ich habe hier das und das, wie gehe ich jetzt damit um?

00:53:16: In der Regel gehe ich damit, selbst wenn es mir dubios erscheint, eigentlich eher großzügig um,

00:53:21: weil ich überhaupt keinen Bock drauf habe,

00:53:22: mit jemandem darüber zu diskutieren.

00:53:24: Am Ende ist es das Blöde:

00:53:26: Das, was wir eben gerade hatten bei der vorigen Flasche,

00:53:29: das ist das, was mich ärgert.

00:53:31: Weil Du letztendlich nicht diesen Punkt hast,

00:53:34: dass Du begründen kannst, warum der jetzt so schmeckt,

00:53:37: weil Du nachweislich nicht sagen kannst: Der schmeckt nach Kork, aber

00:53:40: Du kennst Deinen Wein, und wenn Du perfekt arbeitest und eine Idee hast, dann ist es entweder so oder so.

00:53:46: Und diese Dinge, die sind nervig. Wenn es Kork ist, ist es doch wunderbar,

00:53:50: dann hat er eben Kork.

00:53:52: Was heißt wunderbar, aber dann ist zumindet Klarheit da.

00:53:55: Und dann ist es meine Aufgabe, zu versuchen, bestmögliche Korken einzukaufen. Ja.

00:54:01: Und wir zahlen heute für einen Korken,

00:54:04: der auf so einem "Morstein" drauf ist,

00:54:07: 1,50 Euro.

00:54:09: Und das ist gut investiertes Geld,

00:54:11: wenn der Kork gut ist. Ja.

00:54:13: Ganz einfach.

00:54:14: Absolut.

00:54:15: Wir haben jetzt hier im Glas

00:54:18: "Morstein" 2012.

00:54:20: Ich muss gestehen, ich mache ihn mittlerweile nicht mehr so oft auf,

00:54:23: weil ich nicht mehr so viel habe.

00:54:25: Das ist eine großartige Flasche.

00:54:26: Philipp, wir danken Dir. Vielen, vielen Dank. Das ist Wow.

00:54:30: Da kann man schon nochmal anstoßen, oder?

00:54:35: 2012 war so ein Jahr, was jetzt auch nicht unbedingt so nach vorne bricht, wo alle sagen:

00:54:40: Boah, 2012, wir trinken jetzt 2012, Yippie-Ya-Yeah.

00:54:43: Es ist ein Jahr gewesen,

00:54:44: was besondere Herausforderungen hatte.

00:54:48: Tendenziell auch erstmal eine frühe Reife,

00:54:51: aber dann einen Herbst, der eher kühl war,

00:54:54: der Zeit gebraucht hat.

00:54:56: Wir haben dann sogar am Schluss im "Morstein",

00:54:58: die Blätter waren gefallen,

00:54:59: weil es gab am 30. Oktober,

00:55:01: gab es einen Frost.

00:55:03: Vielleicht war es sogar um den 26. herum,

00:55:05: keine Ahnung, Ende Oktober gab es einen Frost.

00:55:07: Und dann ist das Laub runtergefallen. Das war auch vorher schon gelb.

00:55:10: Dann hattest Du am Schluss die gesunden Trauben noch am Stock hängen.

00:55:13: Wow. Verrückt.

00:55:15: Und wir haben sie dann so geerntet.

00:55:17: Das heisst, Du hast also die Vegetationszeit voll ausgenutzt.

00:55:21: Und Du hast einen Wein,

00:55:22: der hat die Komplexität,

00:55:25: aber trotzdem, er tanzt am Gaumen,

00:55:27: weil diese kalkige,

00:55:31: salzige Frische einfach wichtig ist.

00:55:33: Salz.

00:55:34: Wahnsinn.

00:55:35: Das hat Trinkfluss.

00:55:38: Das Schöne an dem Wein ist,

00:55:39: im ersten Moment würdest Du sagen,

00:55:41: aufgrund der Frucht,

00:55:42: die jetzt nach 13 Jahren immer noch voll da ist,

00:55:45: würdest Du vielleicht sagen,

00:55:46: das hat wahrscheinlich fünf, sechs Gramm Restzucker.

00:55:48: Das ist knalltrocken.

00:55:49: Der Wein ist knalltrocken und er hat trotzdem diese...

00:55:51: Ich hätte gesagt, so zwischen eins und zwei, vielleicht.

00:55:53: So in dem Dreh. Der Profi weiss das.

00:55:55: Ja, in dem Bereich liegt er auch.

00:55:56: Aber das hat Extrakt.

00:55:57: Das hat so viel Extrakt. Ich kann mich noch erinnern, als er jung war,

00:56:00: wo die Frucht noch viel lauter war.

00:56:03: Das hat sich jetzt gelegt.

00:56:05: Für mich ist es,

00:56:07: neben 2002...

00:56:09: Ja.

00:56:10: ...mein persönlicher Lieblings-

00:56:12: Jahrgang

00:56:13: von unseren gereiften Weinen.

00:56:15: Wie schön, dass Du so eine Flasche jetzt mit uns aufmachst.

00:56:18: Die Nase verändert sich jetzt.

00:56:19: Die Frucht geht ein bisschen zurück,

00:56:23: es kommt mehr so dieses Steinige und

00:56:26: so diese Zitronenzesten.

00:56:28: Aber das ist jugendlich noch, das schmeckt nicht reif. Nein.

00:56:30: Also für 13 Jahre ist das... ...ganz frisch.

00:56:33: Du bist ja jetzt seit über 30 Jahren da.

00:56:36: Du hast ja auch diesen Keller maßgeblich aufgebaut.

00:56:39: Das ist eigentlich Dein Keller, oder?

00:56:42: Das ist doch geil. Ich meine, wenn man so lange da ist?

00:56:44: Gibt es überhaupt noch irgendwas von davor?

00:56:47: Gibt es das noch?

00:56:48: Nein, es gab eine Flasche, die der Christoph damals gekauft hatte.

00:56:53: Die habe ich tatsächlich vor 2 Jahren,

00:56:55: das war "Chateau Yquem" 1967.

00:56:57: Da bist Du noch ein paar Mal drumherum gelaufen und hast gedacht: Och nö.

00:56:58: Wir hatten, als er gegangen ist, zwei,

00:57:02: glaube ich, zwei oder drei.

00:57:04: Er hat sie auf einer Auktion gekauft.

00:57:06: Und 1967 "Yquem" ist ja DAS ganz große Jahr für "Yquem".

00:57:08: Und diese Flasche haben wir letztes Jahr,

00:57:10: ich musste auch an ihn denken, weil ich habe auch dem Gast gesagt,

00:57:12: diese Flasche habe ich nicht besorgt,

00:57:13: sondern das war mein Vorgänger damals. Toll.

00:57:15: Und dieser 1967er, diese Flasche war so großartig,

00:57:18: der ist ganz jung noch, das ist Wahnsinn.

00:57:21: Da sagt man, wenn da alles passt

00:57:23: mit dem Terroir

00:57:25: und da trinkt man auch

00:57:26: "Sauternes" und "Yquem"

00:57:28: auf einem Niveau.

00:57:30: Auch wenn man oft sagt, die deutsche

00:57:33: BA, TBA... Beerenauslese, Trockenbeerenauslese...

00:57:35: Die gab es aber in 1967 nicht.

00:57:37: Nein. Ich weiß es.

00:57:39: "Sauternes" war eben damals,

00:57:41: 1967, dieser Ausnahme-Jahrgang.

00:57:44: Der Korken war,

00:57:45: er war nicht frisch verkorkt,

00:57:47: den Korken habe ich super rausbekommen

00:57:49: mit dem Gerät hier, der Hebamme.

00:57:51: Aber perfekt, der war in einem Stück

00:57:53: und die Flasche war...

00:57:54: Und die Gäste, die waren so großzügig,

00:57:56: die haben uns zwei Gläser überlassen. Schön.

00:57:58: Ein Ehepaar, die Dame war 1967 geboren.

00:58:01: Und der Gast hat die ganze Zeit immer nach diesem Wein gesucht, weil er wusste,

00:58:04: dass 1967 mit das Beste ist.

00:58:07: Und dann gab es den da auf der Karte. Und Du wusstest, die letzte Flasche vom Christoph geht raus.

00:58:12: Das ist ja cool.

00:58:13: Jaja.

00:58:14: Aber dieser Keller,

00:58:15: ich stelle mir das jetzt wirklich vor,

00:58:17: Du gehst dann da durch diesen Keller

00:58:18: und denkst, das ist mein Keller.

00:58:20: Ich habe das alles so aufgebaut.

00:58:21: Ich glaube, der ist schon auch so drauf,

00:58:24: der ist ja sehr kritisch.

00:58:26: Und dann guckt er auf was drauf und sagt:

00:58:29: Würde ich heute nicht mehr kaufen.

00:58:33: Er grinst etwas schelmisch gerade.

00:58:35: Ja, das sind diese Erfahrungen,

00:58:37: die macht ja jeder.

00:58:38: Sei es im privaten Keller.

00:58:40: Sei es im privaten Keller. Natürlich.

00:58:41: Ich kenne das von meinem privaten Weinkeller auch.

00:58:45: Mir passiert es tatsächlich oft Sonntag morgens,

00:58:47: wir haben ja Samstag und Sonntag Mittags-Service,

00:58:51: und Sonntagmorgen, manchmal bin ich so um 10:00, Viertel nach 10:00 da und

00:58:54: da bin ich ganz allein, da ist noch keiner.

00:58:57: Vielleicht der Torsten Michel,

00:58:58: der Chef, ist schon in der Küche

00:59:00: am Schauen,

00:59:02: organisieren, bestellen, wie auch immer.

00:59:04: Da gehe ich in den Weinkeller,

00:59:06: da bin ich ganz allein, da unten.

00:59:07: Das mache ich wirklich regelmäßig.

00:59:10: Und schaue einfach die Flaschen an

00:59:12: und schau, was gerade so ansteht,

00:59:15: oder was ich vielleicht mal vergessen habe,

00:59:17: oder was man vielleicht demnächst auf die Karte macht.

00:59:21: Und da bist du so 20 Minuten

00:59:23: in dem Keller und das ist wunderbar

00:59:25: und dann mache ich auch teilweise Bestellungen gleichzeitig...

00:59:28: Jetzt muss ich die blöde Frage doch stellen:

00:59:31: Ist was verloren gegangen beim Brand?

00:59:33: Ja. Ja, also wir hatten damals

00:59:35: tatsächlich, also es ist da so,

00:59:36: der große Vorteil war, dass wir 4 Weinkeller hatten

00:59:39: und das heißt, der älteste Keller,

00:59:41: also nicht vom Inhalt her,

00:59:43: sondern der älteste Teil,

00:59:45: ist ja von 1789,

00:59:47: der war jetzt nicht so alt.

00:59:49: Aber da war alles aus Holz,

00:59:50: das heißt, das Feuer war unten, da waren 5.000 Flaschen drin.

00:59:53: Und damals war es so,

00:59:54: da waren alle Champagner drin, alle Süßweine,

00:59:57: viele Spirituosen, viele alte Portweine,

00:59:59: Italien, Spanien, Österreich,

01:00:01: Kalifornien, viele alte Kalifornier

01:00:04: aus den 80er Jahren, die ganz

01:00:06: kühl waren, wunderbar waren,

01:00:07: viele alte Barolos,

01:00:09: Piemonteser, alte Amarones

01:00:12: von Quintarelli, so aus den 90ern und älter... Da blutet einem das Herz.

01:00:14: Ja, ja, ja, ja.

01:00:16: Und davor war so ein Art Tageskeller

01:00:20: und da waren noch 5 Schränke,

01:00:21: in denen ganz viele Weißweine drin lagen,

01:00:23: das war alles weg. Da hat es bis zu, also die Feuewehr hat gemeint,

01:00:26: da waren es bis zu 700 Grad da drin

01:00:28: und ja.

01:00:29: Okay, die Familie hat ja relativ schnell reagiert, die Familie Finkbeiner

01:00:32: hat gesagt, ich glaube 2 Tage später,

01:00:34: wir machen weiter.

01:00:35: Und dann saßen wir alle zusammen,

01:00:37: alle Abteilungsleiter, in einem Tagungsraum

01:00:40: und haben so nach unten geschaut

01:00:42: und ich weiß noch, damals, ist die Frau Finkbeiner,

01:00:45: also Renate Finkbeiner, die Senior-Chefin, aufgestanden,

01:00:47: hat so runter geschaut,

01:00:48: wir hatten so ein Doppel-Parkdeck und da hat sie gesagt:

01:00:50: Da machen wir einen Pavillon.

01:00:51: Was,"Pavillon"? Dann sind alle da raus gegangen und haben geschaut.

01:00:55: Das ist ein großes Parkdeck gewesen mit einem Flachdach und

01:00:58: da haben wir eben einen Pavillon draufgemacht, nur für 2 Jahre.

01:01:00: Und klar, dann kamen 1. Lockdown, 2. Lockdown und

01:01:04: dann haben wir da zwei Restaurants gehabt, ein 1-Stern-Restaurant und ein 3-Sterne-Restaurant.

01:01:08: Die Sterne sind zwar irgendwann weg gewesen dann für kurze Zeit,

01:01:11: weil wir ja kein Restaurant hatten

01:01:13: und Michelin hat uns dann die Sterne weggenommen,

01:01:14: dann kamen sie ja wieder.

01:01:16: Auf alle Fälle haben wir dann über 18 Monate

01:01:19: zwei Restaurants gehabt.

01:01:21: Die Teams konnten bleiben.

01:01:22: Da sind so provisorische Küchen installiert worden und

01:01:26: die gesamte Küche ist dann

01:01:29: rüber genommen worden

01:01:30: in das neue Gebäude und

01:01:32: wir hatten eine Spielwiese.

01:01:33: Wir haben dann nur noch Abend-Service gemacht und

01:01:35: haben das ein bisschen eingeschränkt.

01:01:37: Und haben unten dann so provisorische Tageskeller eingebaut...

01:01:40: Wie hiess es nochmal? Ich habe den Namen vergessen.

01:01:42: "temporaire"

01:01:43: "temporaire" hiess es.

01:01:46: Wir waren da. Ihr wart im Pavillon.

01:01:48: Dieses "temporaire", das war wirklich wie so ein Messebau,

01:01:52: aber hochprofessionell.

01:01:55: Das musste ja auch wetterfest sein, Schwarzwald.

01:01:58: Und wir hatten da zwei schwere Winter

01:02:01: mit 50, 80 cm Schnee. Uiuiui.

01:02:05: Da sind die 3x in der Woche da hoch auf das Dach, um den Schnee runter zu kriegen.

01:02:11: Das war schon Profi-Messebau. Wirklich, das war top.

01:02:14: Es war perfekt klimatisiert, mit Fussbodenheizung,

01:02:17: da haben alle Handwerker zusammen gearbeitet.

01:02:22: Der Brand war 2020, am 5. Januar.

01:02:27: Und wir haben dann im April dieses "temporaire" eröffnet. Wahnsinn.

01:02:31: Und dann eben mit den Lockdowns

01:02:33: mal wieder zu und wieder auf und hin und her.

01:02:35: Und dann haben wir im April 2022 das neue Stammhaus eröffnet.

01:02:40: Aber wie geht man jetzt damit um als Sommelier, wenn so,

01:02:43: ich sage jetzt mal, die "flüssige Historie", oder ein Teil der "flüssigen Historie" verschwindet, einfach weg ist?

01:02:49: Das ist ja ein Grundstock.

01:02:51: Klar, man macht sich auf die Suche, vor allem in den Regionen,

01:02:53: wo der Verlust war.

01:02:55: Und da haben eine große Rolle auch die Stammgäste gespielt,

01:02:58: weil viele haben uns da angeschrieben und gemeint,

01:03:02: Ja, also wir haben einen schönen Privatkeller und wir würden Ihnen gerne in dem Bereich, wo Sie suchen,

01:03:09: Weine zur Verfügung stellen. Das ist ja cool!

01:03:11: Die haben die uns dann teilweise zu Einkaufspreisen noch weitergegeben.

01:03:15: Und klar, das Spiel haben wir eigentlich so weiter mitgemacht,

01:03:18: indem wir quasi die Weine auch so kalkuliert haben,

01:03:21: dass wir auch den Gästen die Weinkarte haben zukommen lassen.

01:03:28: Und da haben die gesehen, dass ihre eigenen Weine auf der Karte waren.

01:03:30: Das war für die auch was ganz Besonderes. Ja.

01:03:32: Also da bin ich teilweise zu Leuten gefahren im

01:03:35: Umkreis von ein paar hundert Kilometern und

01:03:38: habe dann die Weinkeller angeschaut, Sachen probiert und

01:03:41: und dann quasi in der Zeit eingekauft.

01:03:44: Das waren sehr rührende Momente,

01:03:46: das waren ganz besondere Momente,

01:03:49: wo wir da ganz tolle Sachen erlebt haben und

01:03:51: wo wir froh waren auch, dass wir

01:03:55: mit einem Mal wieder Jahrgangstiefe und

01:03:58: gereifte Sachen hatten. Toll.

01:04:00: Ja, das war wirklich toll.

01:04:02: Also es waren gar nicht so sehr die Winzer,

01:04:04: es waren eigentlich die Privatkunden?

01:04:05: Also Winzer haben uns auch geholfen,

01:04:06: auch Weinhändler haben uns geholfen.

01:04:08: Es war ein Zusammenspiel von vielen, vielen Sachen.

01:04:10: Viele Winzer haben quasi auch ihre

01:04:12: Vinotheken aufgemacht und uns gereifte Sachen angeboten.

01:04:17: Toll! Aber jetzt, Philipp... Ja.

01:04:23: ...Du gehst da ja auch sehr gerne hin.

01:04:26: Was an diesem Keller kann einen neidisch machen?

01:04:30: Jemanden, der noch nicht da war?

01:04:32: Warum muss man da hin?

01:04:34: Nein, es geht jetzt nicht unmittelbar um die Frage,

01:04:38: welche Flasche liegt da irgendwie wo,

01:04:39: sondern das ist dieses Gesamtkonzept.

01:04:42: Du kriegst wahrscheinlich nirgends in der Republik

01:04:46: ein Essen in dieser

01:04:49: Feinheit

01:04:51: und dennoch mit einem Tiefgang,

01:04:52: auch mit einer Verwurzelung

01:04:54: in dieser badisch-elsässischen Küche.

01:04:57: Also, Du spielst Frankreich,

01:04:59: Du spielst aber auch so ein paar

01:05:01: kernige Elemente, wo Du sagst,

01:05:02: das hat schon irgendwie auch was

01:05:03: mit dem Land zu tun.

01:05:05: Es ist nicht so, dass es nur

01:05:09: französische Hochküche ist,

01:05:11: sondern es sind Elemente drin,

01:05:13: die vom Bauernhof sind,

01:05:14: aber im besten Sinne eben fein.

01:05:17: Dann hast Du

01:05:18: eine Weinauswahl,

01:05:20: die Dich eigentlich erst einmal ratlos macht, weil Du Dich fragst: Was mache ich eigentlich jetzt überhaupt?

01:05:26: Selbst Dich?

01:05:28: Ja. Natürlich findest Du sofort Lieblingsflaschen,

01:05:32: wo Du sagst, das hätte ich gerne,

01:05:34: aber eigentlich ist es so, dass Du am liebsten begleitet wirst.

01:05:37: Als wir jetzt vor kurzem da waren, haben wir ja einfach nur

01:05:40: unsere drei Flaschen, oder was wir getrunken haben, bekommen.

01:05:43: Eigentlich ist es so, dass es noch schöner ist,

01:05:45: wenn Du einfach den Stéphane laufen lässt,

01:05:47: der Dir sagt: Trink´ jetzt das, trink´ jetzt das.

01:05:50: Und das gibt es ja nicht so oft.

01:05:53: Also normalerweise sage ich:

01:05:55: Wenn Weinbegleitung,

01:05:56: dann brauche ich eine Zusatzflasche auf dem Tisch,

01:05:59: die meine Versicherung ist,

01:06:01: mit der ich glücklich bin, aber

01:06:04: bei Leuten, denen ich wirklich vertraue,

01:06:06: mache ich das dann trotzdem gerne.

01:06:08: Und bei ihm würde ich mich da einfach

01:06:10: brutal zurücklegen und einfach sagen,

01:06:11: Guck, was da kommt.

01:06:13: Also er gibt sich in Deine Hände , Stéphane.

01:06:15: Das ist am Ende so.

01:06:18: Und Du lernst dann was.

01:06:21: Wir hatten jetzt, obwohl wir

01:06:23: nicht irgendwie glasweise gespielt haben,

01:06:25: einen 2005er aus der Bourgogne.

01:06:27: Und dann fragt er mich noch,

01:06:29: ob das ein kühler Jahrgang ist,

01:06:30: oder ein warmer Jahrgang.

01:06:32: Und es ist eben so gewesen,

01:06:35: der Wein hat natürlich

01:06:36: eine brutale Frische gehabt, natürlich war schon klar,

01:06:39: dass das auch gereift ist.

01:06:40: Aber, ich meine, 2005 war ein warmes Jahr.

01:06:44: Ich habe zu ihm gesagt: Ich glaube, das ist eher kühl.

01:06:46: Weil es eben so war. Auf der Zunge, quasi?

01:06:49: Absolut, das war so,

01:06:50: ich hätte auch sofort kühl gesagt.

01:06:52: Brutale Fangfrage wieder, zack.

01:06:55: Möööhp.

01:06:57: Ja, man spielt ja da immer ein bisschen.

01:06:59: Genau wie die Winzer mit einem spielen auf der anderen Seite, machen wir das auch so.

01:07:03: Wie findest Du den da?

01:07:06: Das ist...

01:07:09: auf alle Fälle...

01:07:13: Also wir haben einen neuen Wein im Glas. Ja.

01:07:16: Die Flasche hat er wieder weggemacht. Es ist was gereifteres, oder?

01:07:20: Also, ich deck's auf,

01:07:21: ohne es zu spannend zu machen.

01:07:23: Es gibt aber eine kleine Hintergrund-Story.

01:07:25: Wir schauen mal, ob Du Dich erinnerst, wenn ich sage was es ist.

01:07:28: 2004 "Kirchspiel".

01:07:30: Aaahh. Alles klar.

01:07:32: Alles klar, alles klar.

01:07:34: Jetzt wollen wir sie wissen.

01:07:36: Jetzt weiss nur die Denise noch nicht, worum es geht.

01:07:38: Genau.

01:07:40: Also 2004,

01:07:43: ein eigentlich

01:07:44: warmes Jahr

01:07:46: im Sinne einer relativ hohen

01:07:49: Fruchtreife der Trauben,

01:07:51: aber ein sehr kühler Herbst,

01:07:53: sogar am Ende mit einem fast Winter-Einbruch und

01:07:56: wir haben bis in den November geerntet.

01:07:59: Du hast in 2004

01:08:01: selbst in der Bourgogne

01:08:03: grüne Reflexe

01:08:05: von den Aromen in den Weinen gehabt

01:08:06: in der Jugend.

01:08:08: Das konnte teilweise sogar auch ein bisschen aufdringlich sein.

01:08:10: Und auch da ist es wieder,

01:08:12: in einem ganz anderen Spektrum als 2003.

01:08:14: 2003 hat andere Gründe gehabt, warum die Guten durchgestanden haben,

01:08:17: 2004 ist es wiederum so,

01:08:18: dass am Ende dann doch die Frage der Substanz,

01:08:21: der Reife-Entwicklung und so weiter

01:08:23: entsprechend passen und

01:08:24: heute ist 2004 ein Jahr,

01:08:27: was man in der Reife bei den guten Weinen

01:08:29: auch wirklich mag,

01:08:30: wo man sagt, das ist wunderschön...

01:08:32: Und das eröffnet sich jetzt erst.

01:08:34: ...und "Kirchspiel"...

01:08:34: Verrückt, oder?

01:08:36: "Kirchspiel" ist ja bei uns die Lage,

01:08:39: die eigentlich eher eine theoretisch frühe Grundreife,

01:08:44: weil zum Rhein hin geöffnet, relativ steil,

01:08:46: aber auch die Abendsonne ist eher weg und

01:08:48: dann braucht es im Herbst,

01:08:49: wenn es kühl ist, braucht es im Herbst lange.

01:08:52: Es wird dann so grün-kräutrig

01:08:54: in seiner Art und

01:08:55: das war 2004 auch ausgeprägt,

01:08:57: dass dieses Grün-Kräutrige

01:08:59: irgendwie im Wein war.

01:09:01: Das hat fast Tannin im Gaumen.

01:09:02: Ja.

01:09:04: Es ist wirklich sehr interessant,

01:09:07: Du riechst da erstmal rein, Du hast einen reifen Wein und

01:09:10: Du merkst sofort,

01:09:12: der sagt Dir: Warte!

01:09:14: Sag´ erstmal gar nichts.

01:09:15: Das ist so eine Erkenntnis,

01:09:18: die man bekommt,

01:09:18: wenn man viel, viel probiert

01:09:20: und auch gereifte Sachen probiert.

01:09:22: Wenn man als Jung-Sommelier startet,

01:09:23: man riecht rein und sagt sofort was.

01:09:25: Manchmal stimmt das.

01:09:27: Es ist ja nicht so, dass es immer daneben ist.

01:09:29: Aber ich glaube, die Erfahrung, die

01:09:31: bringt für mich, wenn ich da rein rieche

01:09:33: und es probiert habe, habe ich gemerkt,

01:09:35: der Wein ist in sich...

01:09:37: der war wie so in einer Hülle.

01:09:39: Und der hat gesagt, warte, sag´ erstmal gar nichts.

01:09:42: Und das habe ich gemerkt und dann der zweite, dritte Schluck

01:09:44: und jetzt löst er sich,

01:09:46: Das hätte man sogar dekantieren können. Ja.

01:09:47: Der löst sich jetzt.

01:09:49: Weil am Anfang war er so gebündelt

01:09:51: und hat gesagt okay, warte.

01:09:53: Und jetzt, jetzt löst er sich.

01:09:57: Ich meine, jeder hat ja so seine eigene Art

01:09:59: Wein zu beschreiben.

01:10:00: ich habe neulich einen Sommelier getroffen,

01:10:03: der hat mich überrollt

01:10:05: mit Obst-Essenzen,

01:10:09: die ich nicht nachvollziehen konnte.

01:10:11: Ich finde, Du beschreibst es sehr puristisch.

01:10:13: Das finde ich eigentlich sehr schön,

01:10:14: das macht einem auch keine Angst,

01:10:17: so als normaler Mensch,

01:10:18: wo man so denkt, ja das kann ich auch noch nachvollziehen.

01:10:21: Klar können wir uns jetzt noch viel technischer

01:10:23: über die Sache unterhalten,

01:10:24: aber ich glaube aus der Erfahrung heraus ist es so,

01:10:26: man merkt ja, wenn man ein Gegenüber hat,

01:10:29: einen Gast, einen Winzer...

01:10:30: Ach, Du hast das jetzt für mich angepasst. Du hast gedacht, so kommt die Denise noch mit.

01:10:33: Wir reden ja jetzt über Sachen,

01:10:36: über Emotion, wie man so schön sagt.

01:10:39: Ja, Emotion.

01:10:41: Und diese Emotion,

01:10:43: die muss man so darstellen, dass sie auch für jeden

01:10:45: nachvollziehbar ist.

01:10:46: Ich bin manchmal so,

01:10:48: dass ich mir wirklich von meinen Lieblings-Weinjournalisten, wo ich,

01:10:54: wenn ich die Beschreibung lese,

01:10:55: sehr nah an meiner Beschreibung bin.

01:10:57: Es gibt ja manches, das kann ich nicht nachvollziehen,

01:10:59: aber das ist okay.

01:11:01: Jeder hat ja seine Art,

01:11:02: einen Wein zu beschreiben, einen Wein darzustellen.

01:11:04: Ihn zu beschreiben mit vielen Adjektiven,

01:11:07: mit vielen Obstsorten und

01:11:08: Blütensorten, wie auch immer.

01:11:10: Und wenn Du das probierst und

01:11:12: auf einer Wellenlänge bist,

01:11:15: dann freue ich mich, so schlecht

01:11:16: habe ich doch jetzt den Wein gar nicht eingeordnet.

01:11:18: Und ich glaube, eine Beschreibung macht jeder anders.

01:11:23: Am Anfang war das so,

01:11:24: als man da reingerochen hat,

01:11:26: hattest Du eher so eine stumpfe Nase,

01:11:27: die nicht strahlend war.

01:11:29: Da war wie so ein Vakuum drüber.

01:11:32: Weil, Du hast gemerkt, das muss sich alles lösen,

01:11:35: ganz, ganz, ganz, viele Komponenten,

01:11:36: aber die waren wie so

01:11:38: gebremst und dann, durch den Sauerstoff, den wir ihm jetzt geben,

01:11:40: dann öffnet sich das.

01:11:42: Und jetzt kommt auf einmal,

01:11:43: es ist erstaunlich für 2004,

01:11:44: dieses kühle, warme-kühle Jahr,

01:11:47: weil hinten raus es so kühl geworden ist.

01:11:49: Es ist so elegant, so ganz fein

01:11:53: dieses zitronige,

01:11:54: ein bisschen Zitronenmelisse,

01:11:57: also es ist viel dezenter

01:12:00: und nicht so laut wie der 2012er

01:12:03: "Morstein", der viel opulenter daherkommt. Ja, stimmt.

01:12:06: Also wenn der Philipp es jetzt nicht gesagt hätte,

01:12:09: hätte ich gesagt, wir haben auf alle Fälle eine andere Lage im Glas,

01:12:12: weil das roch anders, es ist auch vom Mundgefühl her anders

01:12:15: und der Wein ist gradlinig.

01:12:17: Der fängt an im Mittelmund,

01:12:19: das ist wie so eine Welle.

01:12:21: Die nimmt zwar Kraft

01:12:22: und die geht und geht und geht

01:12:23: und die flacht ganz langsam aus.

01:12:26: Aber ganz langsam und Du schaust hinterher zu

01:12:28: und die ist lang

01:12:29: und begleitet mit dieser wunderbaren feinen eleganten Säure.

01:12:32: Der hat mich, so wie der es beschreibt.

01:12:34: Super!

01:12:35: Aber so hat eben jeder von uns Sommeliers

01:12:38: seine Art einen Wein zu beschreiben.

01:12:42: Nachher ist es ja so, dass der Gast,

01:12:44: der letztendlich am Tisch ist,

01:12:46: der muss abgeholt werden,

01:12:48: der muss einfach auch verstehen, was man meint.

01:12:50: Und dann kommt der nächste Schritt:

01:12:53: Wie erkläre ich so einen Wein in der Verbindung mit einer Speise.

01:12:55: Das geht ja erstens nur, wenn ich das alles probiert habe.

01:12:58: Weil ich muss das ja auch erst probieren.

01:13:00: Wo reagiert der Wein?

01:13:01: Manchmal nehmen wir wirklich Einfluss drauf beim Gast

01:13:04: und sagen, warten Sie bitte, bis die Speise kommt,

01:13:07: probieren Sie das zusammen.

01:13:08: Dann werden Sie eine zusätzliche

01:13:10: Komponente, ein zusätzliches Erlebnis haben,

01:13:13: indem Sie

01:13:14: ein Mundgefühl bekommen über einen Wein,

01:13:16: oder irgendwas passiert im Gaumen,

01:13:18: was Sie vorher nicht hatten.

01:13:20: Dann bin ich doch bei Philipp, dann braucht man noch eine Flasche

01:13:23: auf dem Tisch, wo man so zwischen den Gängen

01:13:24: mal so ein Schlückchen trinken kann.

01:13:26: Ja, weißt Du, warum nicht? Nein.

01:13:28: Wenn alles so gut ist,

01:13:30: dann ist die Taktung auch so,

01:13:32: dass du am Ende, du kannst ja nicht dauernd Dein Glas leertrinken.

01:13:35: Es hat ja was mit Genuss zu tun.

01:13:37: Also wenn Du jetzt immer nur Zack! machen würdest,

01:13:40: Du willst ja sehen, was im Glas passiert.

01:13:42: Und wenn Du nur gute Weine kriegst,

01:13:45: dann ist diese Zusatzflasche überflüssig. OK.

01:13:48: Die Zusatzflasche brauchst Du dann,

01:13:51: wenn Du immer wieder in die Situation

01:13:53: kommst, dass Du sagst, okay,

01:13:55: interessant probiert zu haben, aber ist nicht meins.

01:13:57: Und das ist das Kernproblem

01:13:59: der Weinbegleitung per se.

01:14:01: Du hast persönliche Vorlieben.

01:14:03: Du würdest normalerweise ja nur nach

01:14:05: Deinen Vorlieben bestellen.

01:14:06: Weinbegleitung bedeutet aber, Du gibst Dich in Hände,

01:14:09: wo es darum geht, dass es eine perfekte

01:14:11: Kombination ist und selbst wenn die stimmt,

01:14:13: aber das nicht Deine Vorliebe ist,

01:14:15: dann hast Du in dem Moment einen kleinen Nachteil. Ja.

01:14:18: Manchmal muss man sich einfach auf Dinge einlassen.

01:14:20: Wenn sie einfach wirklich Sinn machen.

01:14:21: Und deshalb sage ich, wenn es dann Sinn macht,

01:14:23: dann auch mal drauf einlassen

01:14:25: und dann brauchst Du auch die Zusatzflasche nicht,

01:14:27: weil ich sehe das mittlerweile auch schon ein Stück weit so,

01:14:29: manchmal ist weniger mehr.

01:14:31: Du musst jetzt nicht

01:14:32: zu jedem Gang zwei Gläser trinken, sondern...

01:14:35: Ist ja gut, so habe ich es jetzt auch gar nicht...

01:14:37: Aber weisst Du, Denise, es gibt

01:14:39: ein ganz, ganz witziges...

01:14:40: Ich komme hier rüber wie der Alkoholiker heute...

01:14:42: Nein, nein, um Gottes willen, meine Gläser sind doch immer leer.

01:14:46: Deins auch, sehe ich gerade.

01:14:47: In den 60er, 70er Jahren

01:14:49: in Frankreich,

01:14:50: es gibt ja einen "Club des Cent" in Frankreich,

01:14:52: das sind 100 berühmte Persönlichkeiten,

01:14:56: die mit Gastronomie, mit Wein

01:14:59: sich identifizieren, die zwar nicht aus der Gastronomie-

01:15:01: branche kommen, aber die einfach gerne essen gehen.

01:15:03: Sie treffen sich

01:15:04: regelmäßig in sehr guten Restaurants.

01:15:06: Und da gab es von Bernard Loiseau,

01:15:07: der leider nicht mehr lebt, also in Saulieu,

01:15:10: ein Video. Und da beschreibt er so,

01:15:13: weil er hatte 3 Sterne lange

01:15:14: Jahre und davor war auch ein Chef, der auch 3 Sterne

01:15:17: viele Jahre hatte.

01:15:19: Und da zeigt er so ein Bild von einem Menü

01:15:21: und da waren Weine aus den 60er, 70er Jahren.

01:15:23: Und da sagt er, ja, das war der Club des Cent,

01:15:24: die waren in diesem Restaurant, also bei dem Vorgänger

01:15:28: und die haben 1959er Cristal Roederer,

01:15:31: 1955er, keine Ahnung, sagen wir mal

01:15:35: Chambertin.

01:15:37: Aber zwischendurch haben die kein Wasser getrunken, sondern

01:15:40: die haben einen "Beaujolais rafraîchi",

01:15:42: quasi ein Beaujolais, leicht gekühlt,

01:15:44: um den zwischendurch zu trinken.

01:15:46: Und ich fand es so schön,

01:15:48: diese Beschreibung, also als ob wir nebenbei

01:15:51: so einfach ein Glas haben,

01:15:52: leicht gekühlt und das trinken wir so gegen den Durst.

01:15:54: Aber es war eine andere Zeit. Ja, ja, ja.

01:15:57: Und das kannst Du heute letztendlich nur machen,

01:15:59: wenn Du merkst,

01:16:00: Du hast einen trinkfreudigen Tisch.

01:16:02: Du musst ja...

01:16:05: Letztendlich ist ja unsere Aufgabe einfach,

01:16:07: der Gast kommt ins Restaurant,

01:16:09: trinkt Aperitif,

01:16:10: Wein, Champagner, Perlwein wie auch immer.

01:16:13: Und dann, bis der erste Gang kommt,

01:16:15: diese Zwischenphase,

01:16:17: da muss der Gast was zu trinken haben. Das ist ganz, ganz wichtig.

01:16:20: Das ist unsere Aufgabe.

01:16:21: Du darfst keine Lücken dazwischen lassen. Ja, OK.

01:16:23: Und da musst Du spielen.

01:16:25: Siehst Du, da war ich einfach immer falsch,

01:16:27: im falschen Restaurant.

01:16:29: Wir müssen das merken.

01:16:30: Ich sage immer zu meinen Kollegen:

01:16:31: Auch wenn der Hauptgang ausgehoben ist,

01:16:33: die Flasche Rotwein ist leer,

01:16:35: der Käse kann kommen,

01:16:36: eine Viertelstunde, 20 Minuten Pause,...

01:16:37: Ja, da muss was passieren.

01:16:39: Wenn Du merkst, da ist Input da,

01:16:41: die wollen,

01:16:42: da muss man den Leuten Spaß machen. Ja, genau.

01:16:45: Das sage ich auch immer, das ist für uns wie so ein Wettbewerb.

01:16:48: Wenn Du es schaffst, 10 Leute

01:16:50: über so einen Abend hinweg,

01:16:52: über so ein Mittagessen, über vier, fünf Stunden zu begeistern

01:16:55: und die immer wieder abzuholen,

01:16:56: das ist eine Herausforderung.

01:16:57: Absolut. Da bist Du auch manchmal Therapeut, oder?

01:16:59: Absolut. Am Anfang ist das so, die ersten 10 Minuten,

01:17:01: Du nimmst die Stimmung auf, in welche Richtung geht es hin.

01:17:05: Sind es 4 Paare...

01:17:07: Haben die Spaß, verstehen die sich...

01:17:09: ...und so weiter, und so weiter.

01:17:10: Das sind ganz viele Komponenten.

01:17:12: Dann leg´ mal los.

01:17:13: Was mich interessieren würde,

01:17:15: da Du ja wirklich, ja,

01:17:20: eine wahnsinnige Respektsperson

01:17:21: auch für die Gäste bist:

01:17:23: Gibt es Leute, die Dir widersprechen?

01:17:25: Gibt es Leute, die wirklich sagen,

01:17:27: das gefällt mir jetzt nicht,

01:17:29: das sehe ich anders?

01:17:30: Und die das noch ein zweites Mal machen, danach?

01:17:33: Weil ich glaube nicht.

01:17:34: Das passiert so gut wie gar nicht.

01:17:37: Da traut sich niemand zu sagen...

01:17:39: Nur die, die keine Ahnung haben.

01:17:40: Bei mir ist es zumindest so,

01:17:43: umso älter ich werde, umso entspannter

01:17:45: gehe ich mit solchen Situationen um.

01:17:47: Letztendlich, der Gast ist im Restaurant,

01:17:49: in der "Schwarzwaldstube",

01:17:51: der will drei, vier Stunden Spaß haben,

01:17:53: Freude haben.

01:17:54: Der will einen tollen Moment, eine tolle Erinnerung mitnehmen.

01:17:57: Soll ich jetzt mich mit diesem Gast

01:17:59: auseinandersetzen, streiten,

01:18:01: oder irgendwie ihm nicht Recht geben?

01:18:03: Ich sage mal so,

01:18:05: wenn es eine Flasche ist, die im preislichen Rahmen ist:

01:18:07: Bevor ich jetzt mit dem Gast

01:18:09: lange diskutiere und versuche ihn umzustimmen

01:18:11: und dass er danach doch nicht zufrieden ist,

01:18:13: da geht man doch den anderen Weg und sagt,

01:18:14: komm´, die Flasche kann ich

01:18:17: anderweitig, glasweise

01:18:19: ausschenken und bringe ihm eine andere Flasche

01:18:21: und der Gast fühlt sich ernst genommen,

01:18:23: aber das passiert uns so selten,

01:18:25: weil wir

01:18:27: zuhören und das ist auch ein ganz wichtiger Punkt.

01:18:29: Das ist auch bei Euch so.

01:18:32: Kollegen von Dir, die hören einem nicht zu.

01:18:33: die reden, reden, reden,

01:18:35: Du sagst was, sie hören gar nicht zu, das merkst Du auch

01:18:37: und irgendwann hört man auch auf zu reden.

01:18:39: Aber letztendlich ist ja ein Austausch da.

01:18:41: Warum geht man hin, warum probiert man die Weine mit Euch.

01:18:43: Man tauscht sich aus, man redet über Sachen,

01:18:45: man will ja Sachen erfahren,

01:18:47: warum ist das genau so in dem Jahr

01:18:48: und genau so ist es auch als Sommelier.

01:18:51: Ich hatte ja diese Schule früher

01:18:52: vor 30, 35 Jahren,

01:18:54: da hat der Sommelier dem Gast gesagt,

01:18:56: Sie trinken das jetzt, sie trinken das.

01:18:59: Der Gast wollte,

01:19:00: ich sage jetzt mal, einen Rotwein zu seinem Fischgang.

01:19:02: Das geht nicht. Da hat der Sommelier so lange auf ihn eingeredet,

01:19:05: dass der Gast einen Weißwein getrunken hat.

01:19:07: So war das früher.

01:19:08: Und da habe ich gesagt, nein, das ist nicht der richtige Weg.

01:19:11: Also da habe ich so viele Beispiele

01:19:13: gehabt in meiner Jugend,

01:19:14: das waren noch solche Sommeliers, das war eine Respekts-

01:19:16: Person, die waren Mitte 50,

01:19:19: eine lange Lederschürze,

01:19:20: so eine braune, die war jeden Tag perfekt gewienert,

01:19:25: die standen am Tisch so

01:19:26: und da hast Du als Gast nichts zu sagen.

01:19:27: Da hast Du so hochgeschaut.

01:19:28: Aber auch wenn Du es eloquent machst,

01:19:32: Du bist eben auch eine Respektsperson.

01:19:35: Also Philipp hat auch ein bisschen Angst vor Dir, merkst Du das?

01:19:37: Nein, nein, nein.

01:19:39: Ich sage das ja, weil der Stéphane sich das erarbeitet hat.

01:19:42: Jetzt aus der Winzerszene heraus

01:19:45: ist es ein Ritterschlag

01:19:47: auf diese Karte kommen zu dürfen.

01:19:50: Das ist so.

01:19:51: Und es ist auch so, dass Du weißt,

01:19:55: dass Du ihn in Ruhe lassen musst,

01:19:58: er hat sein Empfinden,

01:19:59: er hat sein Ding, wie er es macht

01:20:02: und er wird es schon richten.

01:20:04: Der Stéphane will jetzt nicht haben,

01:20:06: dass ihm irgendein Winzer sagt,

01:20:08: hör´ mal, dieses Jahr musst Du dies und das und so weiter.

01:20:12: Das will der nicht,

01:20:13: weil er es selber weiss.

01:20:15: Und ich glaube ein Stück weit ist es

01:20:17: auch bei den Gästen so,

01:20:20: Ihr habt ja sicherlich schon zum einen

01:20:22: viel Stammpublikum, die wissen es eh.

01:20:25: Aber auch die, die so kommen,

01:20:27: die wissen...

01:20:29: Die wissen schon, wo sie da hinkommen.

01:20:31: ...vorher schon, was spannend wird

01:20:32: an dem Tag.

01:20:34: Der Gast informiert sich ja heute,

01:20:35: der hat ja alle Möglichkeiten.

01:20:37: Man wird ja, auch wenn der Gast

01:20:40: zum ersten Mal kommt, mit Namen angesprochen.

01:20:42: Auch Oberkellner, Küchenchef,

01:20:44: die wissen ja, wer da agiert,

01:20:45: die wissen ja, wer da am Werk ist.

01:20:48: Was bei uns zur Zeit großartig zu sehen ist,

01:20:52: diese Entwicklung durch diese

01:20:55: neue "Schwarzwaldstube",

01:20:56: ist, dass wir sehr viele junge Leute haben.

01:20:58: Das wollte ich Dich gerade fragen.

01:21:01: Wie kriegt man junge Leute

01:21:03: jetzt zu großem Wein?

01:21:04: Gut, zu Dir kommen sowieso nur die,

01:21:07: die sich schon interessieren

01:21:08: für tolles Essen und...

01:21:11: Also ich glaube, das Thema

01:21:13: Weinbegleitung, dieser Bereich,

01:21:16: wo wir als Sommeliers

01:21:18: uns ja am Gast

01:21:20: ganz anders präsentieren können.

01:21:23: Als ich diesen Beruf gelernt habe,

01:21:24: hat man eine Flasche Weißwein aufgemacht,

01:21:25: eine Flasche Rotwein, Flasche Champagner,

01:21:26: Flasche Süßwein. Man ist viermal an den Tisch gegangen,

01:21:29: hat das eingeschenkt, präsentiert, basta.

01:21:32: Und man hat auch wenig mit dem Gast kommuniziert.

01:21:33: Heute ist es ja

01:21:35: eine Weinreise,

01:21:37: man nimmt ihn mit auf eine Reise

01:21:39: über mehrere Stunden,

01:21:41: versucht, ihn mit neuen Entdeckungen,

01:21:44: mit neuen Eindrücken zu begeistern.

01:21:49: Und ganz wichtig,

01:21:50: muss ich schauen, wie funktioniert die Küche,

01:21:53: da kaufe ich auch dementsprechend ein.

01:21:56: Weil ich mache ja eine Begleitung zu den Speisen

01:21:58: von Herrn Michel, von Torsten.

01:22:00: Das heißt, ich kaufe schon ganz bewusst ein.

01:22:02: Ich bin auch manchmal bei dem Winzer und sage,

01:22:04: das würde super zu dem und dem Gang passen.

01:22:06: Und die Winzer sind teilweise ganz überrascht:

01:22:09: Oah, da hat man sofort Lust zu essen.

01:22:11: Hätten wir jetzt nur internationales Publikum, die sagen,

01:22:14: wir wollen nur deutsche Weine, würden wir nur eine deutsche Weinbegleitung machen.

01:22:17: Aber auch da sind wir

01:22:18: eher international aufgestellt

01:22:20: mit der Weinbegleitung.

01:22:21: Zurzeit fängt sie in Spanien an,

01:22:24: dann geht es in den französischen Jura,

01:22:26: danach geht es nach Sizilien,

01:22:28: dann geht es zum Rotwein wieder

01:22:31: ins Burgund und so weiter.

01:22:32: Und so versuchen wir einfach

01:22:34: die Leute mitzunehmen.

01:22:36: Wir, meine Frau und ich, waren zum Beispiel auf den Azoren,

01:22:39: haben da tolle Arintos probiert

01:22:41: und ich sagte: Ja, spannend.

01:22:42: Zu diesem Thunfisch,

01:22:43: Bauch,

01:22:45: dieser wunderbaren Marinade,

01:22:46: mit den Artischocken,

01:22:49: da brauchst Du so einen Inselwein,

01:22:51: so einen Arinto auf Vulkangestein.

01:22:53: Und das ist spannend, das dann mitzubringen

01:22:55: und dann schaust Du, wo irgendein Händler

01:22:57: das vielleicht hat in Deutschland.

01:22:58: Passiert Dir das dann auch, das passiert mir ja,

01:23:01: weil ich keine Ahnung habe,

01:23:03: dass ich dann im Urlaub auf dem Azoren bin,

01:23:05: da was trinke und denke,

01:23:07: das ist ja jetzt toll

01:23:08: und dann nehme ich das mit und zuhause denke ich: Och.

01:23:11: Also diese Erfahrung

01:23:14: hat man vielleicht schon in den jungen Jahren gemacht.

01:23:16: Aber wir sind ja mittlerweile Profis,

01:23:18: so dass, wenn wir das gut finden

01:23:19: im Restaurant,

01:23:20: dann schaue ich, dass ich vielleicht am nächsten oder übernächsten Tag

01:23:23: mal auf das Weingut fahre

01:23:24: und das mal vor Ort anschaue,

01:23:25: ob es nicht vielleicht eine Momentaufnahme war,

01:23:27: weil ich jetzt gerade auf der Insel Pico bin

01:23:30: und am gleichen Tag auf dem Pico war,

01:23:32: auf 2400 Meter

01:23:34: und total fertig bin abends

01:23:35: und das dann trinke da unten.

01:23:37: Das ist eine Facette, die interessant ist.

01:23:40: Ich habe das Glück gehabt,

01:23:41: mit Stéphane jetzt auch

01:23:43: den einen oder anderen Abend bei guten Bordeaux´s

01:23:45: zusammenzusitzen.

01:23:46: Das ist brutal, was vom

01:23:49: Sport her, von diesem Biss,

01:23:51: wenn es darum geht, wenn ihr Urlaub macht,

01:23:53: seid ihr richtig

01:23:55: hart am hiken.

01:23:57: Das ist für uns die pure Erholung.

01:24:00: Aber so hat eben jeder

01:24:02: seine Art Urlaub zu machen.

01:24:03: Also ich glaube, Stillstand

01:24:05: und mich mehrere Stunden

01:24:07: auf eine Bank oder

01:24:08: in einen Strandkorb oder wie auch immer zu setzen,

01:24:10: das geht mal für

01:24:13: eine halbe Stunde, Stunde, aber dann bin ich

01:24:14: schon eher Aktiv-Urlauber mit meiner Frau.

01:24:17: Wir müssen aufpassen jetzt, wir sind blutjung.

01:24:19: Aah. Spannend.

01:24:22: Das hast Du schon gerochen jetzt?

01:24:24: Du steckst die Nase rein und Du weißt schon...

01:24:27: Oh ja, das riecht man schon.

01:24:28: Für mich persönlich, ich bin nicht so nah dran wie Stéphane,

01:24:31: aber für mich ist das letztes Jahr

01:24:33: eine Neuentdeckung gewesen.

01:24:34: Ich mag das.

01:24:36: Die Flasche ist die Arrivage-Flasche,

01:24:39: das ist 2022,

01:24:40: um Gottes Willen, Jahrgang 2022, das ist einfach

01:24:42: zu früh.

01:24:44: Aber vom Hintergrund her,

01:24:46: von dem, was an Textur in dem Wein ist,

01:24:49: das sage ich auch jetzt, wenn ich es probiere,

01:24:50: bin ich happy.

01:24:52: Ich kenne ja viele,

01:24:55: viele Winzer und

01:24:56: was das Thema "Burgund" anbelangt,

01:24:59: ist der Philipp ganz vorne mit dabei.

01:25:01: Er ist ein Vorreiter da.

01:25:03: Er ist ja schon seit Jahren

01:25:05: immer dabei,

01:25:07: die jungen, die wilden

01:25:09: zu probieren.

01:25:11: Ich war bei Benoit Moreau...

01:25:13: Passt ja wieder, das wusste ich nicht.

01:25:16: Benoit Moreau,

01:25:17: ich habe vor 2 Jahren

01:25:20: bei ihm seinen 2022er probiert, er hat ja 2020 angefangen,

01:25:22: 2021 haben wir auch ein paar Flaschen gekriegt,

01:25:25: 2022 ein paar Flaschen mehr.

01:25:27: Umso grösser die Freude,

01:25:28: heute so was probieren zu dürfen,

01:25:30: weil ich habe die 2022er nur vom Fass probiert,

01:25:32: also abgefüllt noch nicht.

01:25:34: Da sind wir mal gespannt, was Du jetzt sagst.

01:25:36: Hast Du ihn kennengelernt persönlich?

01:25:38: Noch nicht, nein.

01:25:39: Also ich bin da neugierig.

01:25:42: Also für mich zählt er zu den drei,

01:25:44: wirklich, drei

01:25:46: talentiertesten Winzern in Chassagne zur Zeit.

01:25:49: Wow. OK. Also es ist wirklich jemand,

01:25:52: der hat ganz schnell verstanden,

01:25:54: ich sage mal, dieser Wein

01:25:56: strahlt ja schon, wenn man da rein riecht.

01:25:58: Du hast nix vom Ausbau.

01:26:00: Ja.

01:26:01: Du hast keine Reduktion,

01:26:04: die anstrengend ist,

01:26:06: wo Du dreimal rein riechst und denkst,

01:26:08: schon wieder einer, der das

01:26:09: ein bisschen zu weit getrieben hat,

01:26:11: sondern das ist ganz leise.

01:26:14: Das spricht erst mal ganz leise zu Dir,

01:26:16: wenn man da rein riecht.

01:26:18: Der Gaumen ist für mich...

01:26:19: Es ist so klar, so puristisch,

01:26:22: so ganz fein.

01:26:24: Und ich sagte Ausbau, es ist kein

01:26:26: Holz spürbar in der Nase,

01:26:28: es ist so klar.

01:26:29: Und wenn Du siehst, wie präzise er im Keller arbeitet,

01:26:31: mit der Sorgfalt, wie er auch die Fässer aussucht.

01:26:35: Also eine Arrivage-Flasche, letzte Woche tatsächlich bei mir

01:26:38: auch hier im Weingut erst angekommen.

01:26:40: Zum einen hatte ich

01:26:41: meine persönliche Neugier, wie schmeckt das

01:26:44: jetzt wohl und ich dachte,

01:26:45: jetzt gucken wir mal, was der Stéphane dazu sagt,

01:26:47: weil es mich dann auch interessiert.

01:26:49: Was mich begeistert ist einfach,

01:26:51: wir haben hier einen Ortswein,

01:26:53: einen Chassagne-Montrachet Village,

01:26:55: mit diesem Druck am Gaumen,

01:26:58: dieser Präzision,

01:27:00: da ist so viel...

01:27:02: Das macht Lust auf mehr und

01:27:04: die Neugier, die anderen Parzellen zu probieren.

01:27:06: Er hat ja auch ein paar schöne Premier Cru´s.

01:27:08: So weit bin ich bisher noch nicht.

01:27:10: Die Premier Cru´s habe ich noch nicht aufgemacht.

01:27:12: Also Du...

01:27:20: ...ich bin ein bisschen sprachlos heute.

01:27:23: Der Philipp, heute hat er wirklich...

01:27:25: Der Philipp hat seinen eigenen Keller... Ich habe mich bemüht.

01:27:27: Wow Wow Wow, spannend, super spannend.

01:27:30: Und vor allem, merkst Du, Denise,

01:27:32: jetzt diese Entwicklung der Weine?

01:27:34: Also jeder Wein hat uns auf seine Art abgeholt.

01:27:37: Das ist schon Profi, wirklich,

01:27:40: das zu schaffen.

01:27:42: Es war nicht einer dazwischen,

01:27:43: der uns jetzt irgendwie die Lust weggenommen hat...

01:27:45: Das stimmt. ...sondern jeder Wein hat uns für sich immer wieder...

01:27:48: Jeder hat uns eigentlich weitergebracht zum nächsten.

01:27:49: Ja. Stimmt.

01:27:51: Und er hat es geschafft,

01:27:52: ohne Pausen auch...

01:27:53: ...ohne Speisen vor allem.

01:27:55: Ja, ohne Speisen... Also, der einzige, der hier diese Taler isst, bin ich.

01:27:58: Die haben auch gut getan.

01:28:00: Denise, willst Du auch so einen Taler?

01:28:02: Sehr gerne, bitte gib mir doch mal

01:28:04: so einen Taler. Siehst Du.

01:28:05: Danke schön, wunderbar, Danke schön.

01:28:07: Du musst wissen, Stéphane,

01:28:09: diese Dinger da,

01:28:11: die begleiten uns seit der ersten Folge.

01:28:14: Und Deine Mutter backt die normalerweise,

01:28:18: aber die ist ja nicht mehr hier.

01:28:20: Und das ist tatsächlich,

01:28:22: wenn Du dann die vielen Weine verkostest,

01:28:24: hast Du irgendwann das Gefühl, okay,

01:28:27: jetzt brauch´ ich mal was.

01:28:28: Ich habe dann Phasen gehabt, wo ich dachte, OK, momentan

01:28:30: muss ich ein bisschen aufpassen und nicht so viel essen.

01:28:32: Und dann habe ich versucht,

01:28:33: keinen Taler zu essen, das habe ich auch manche Folgen durchgehalten.

01:28:36: Heute hatte ich keine Zeit für das Mittagessen.

01:28:39: Toller Speck, toller Käse,

01:28:42: guter Blätterteig und

01:28:44: Crème fraîche.

01:28:45: Perfekt!

01:28:47: Ein bisschen Fett muss sein,

01:28:48: sonst ist keine Verbindung da.

01:28:50: Und tut dem Wein auch nicht weh, nicht wahr?

01:28:52: Überhaupt nicht, das ist neutral.

01:28:53: Aber was ist denn die richtige Flasche, die man aufmacht,

01:28:56: wenn man einen Sommelier zum Essen einlädt?

01:28:58: Oder einen Winzer zum Essen einlädt?

01:29:00: Puuh. Also,

01:29:02: das kommt auf das Essen an. Jahreszeitabhängig.

01:29:03: Ja, ja, jetzt kommt, Leute, aber womit

01:29:06: blamiert man sich nicht. Jetzt machen wir es mal einfach.

01:29:09: Also mit einem 2004er "Kirchspiel"

01:29:10: hätte ich zum Beispiel kein Problem.

01:29:11: Das passt überall dazu.

01:29:13: Das wäre möglich gewesen. OK.

01:29:15: Also da holst Du viele Leute ab,

01:29:17: weil die sagen,

01:29:18: ja, das ist wunderbar.

01:29:20: Ich habe eine Zeit lang,

01:29:22: also wenn wir Freunde zu Hause hatten,

01:29:23: hatte ich immer aus meinem Jahrgang

01:29:25: einfach immer eine Flasche so vorne weg gemacht.

01:29:27: Ich hatte früher an der Mosel

01:29:29: viele, viele

01:29:31: Weine aus dem Jahrgang kaufen können

01:29:34: und dann habe ich immer wieder so was vorne weg gemacht.

01:29:35: Manchmal war es großartig, manchmal war es enttäuschend,

01:29:38: aber es ist schon interessant, so was Altes vorne weg aufzumachen,

01:29:42: als Einstieg, super spannend,

01:29:43: ganz, ganz spannend, also wenn es

01:29:46: so eine zarte Spätlese ist,

01:29:47: die einfach so über Jahre gereift ist. Wunderschön.

01:29:49: Ja, wenn es wirklich gereift ist.

01:29:51: Sag´ mal, welches Lob

01:29:54: von einem Gast

01:29:55: ist Dir denn besonders in Erinnerung geblieben?

01:29:57: Wir hatten einen Stammgast aus Paris,

01:30:01: der leider heute nicht mehr lebt,

01:30:03: aber der kamen so alle zwei, drei Monate.

01:30:05: Das war jemand, der ein sehr, sehr erfolgreicher

01:30:07: Unternehmer war

01:30:09: und sehr regelmäßig zu uns kam.

01:30:12: Und ich weiß noch,

01:30:14: eines Tages schrieb er mir und

01:30:17: hat sich bedankt für diesen großartigen Mittag und

01:30:20: für die tolle Weinenempfehlung.

01:30:25: Und er war immer sehr neugierig,

01:30:27: er war jemand, der

01:30:29: gerne was Neues probiert hat,

01:30:31: was Neues kennengelernt hat

01:30:33: und als letzten Satz sagte er,

01:30:35: egal wo er sitzt

01:30:37: in diesem Restaurant,

01:30:39: ist es immer ein großartiges

01:30:41: Erlebnis und das fand ich so toll,

01:30:42: weil das Thema Tisch und Platzierung,

01:30:45: man denkt immer, dass wichtige Leute

01:30:47: immer die besten Tischen haben müssen.

01:30:48: Aber ob man denen auch immer einen Gefallen damit tut,

01:30:50: weil die in dem Moment auf dem Podium stehen.

01:30:53: Jeder schaut hin.

01:30:54: Vielleicht sind diese Leute

01:30:56: lieber irgendwo in der Ecke

01:30:58: und haben ihre Ruhe, die wollen gar nicht im Fokus stehen.

01:31:00: Und man denkt immer,

01:31:01: die Berühmtheit, die muss immer den besten Tisch haben.

01:31:04: Es gibt keinen besseren Tisch.

01:31:06: Alle Tische sind gut.

01:31:07: Und der letzte Satz sagt:

01:31:08: Auch wenn ich... Also auf französich:

01:31:12: "Même si je suis assis à la table du chats."

01:31:15: Er hat dieses Wort wörtlich übersetzt:

01:31:18: Am Katzentisch.

01:31:19: Aber diesen Begriff gibt es nicht auf Französisch.

01:31:20: Aber ich habe ihm das irgendwann erzählt...

01:31:22: Da hat er das tatsächlich übersetzt.

01:31:25: Der Katzentisch...

01:31:26: Er hat ein bisschen Deutsch gesprochen, aber

01:31:27: nur Bruchstücke.

01:31:29: Und da hat er geschrieben, in Klammern:

01:31:30: "La table du chats"

01:31:32: und ich fand das so schön... Süss.

01:31:34: Weil das sagt kein Franzose.

01:31:37: Das weißt Du aber auch nur,

01:31:40: wenn Du Franzose bist.

01:31:41: Das war so schön.

01:31:43: Das werde ich nie vergessen. Das war jemand der sehr dankbar war

01:31:46: und das ist glaube ich auch das große Glück.

01:31:48: Und ich glaube auch beim Philipp:

01:31:50: Wir haben mit so vielen Menschen zu tun,

01:31:55: die auch dankbar sind,

01:31:56: die freuen sich bei uns zu sein.

01:31:58: Die freuen sich mit ihm eine Verkostung zu machen.

01:32:01: Diesen Austausch,

01:32:02: diese Stunde, zwei Stunden mit uns zu verbringen,

01:32:05: oder bei uns ein paar Stunden mehr

01:32:06: und das ist doch toll,

01:32:08: Leute glücklich zu machen.

01:32:10: Ja.

01:32:11: Klar haben wir manchmal auch

01:32:12: einen schwierigen Gast,

01:32:13: oder manchmal einen Gast, bei dem man aneckt,

01:32:16: oder wo man nicht auf einer Wellenlänge ist.

01:32:18: Aber wir sind Profis.

01:32:20: Wir versuchen immer, einen Weg zu finden,

01:32:22: dass der Gast, wenn er das Restaurant verlässt,

01:32:24: zumindest einen positiven Eindruck mitnimmt.

01:32:27: Das ist bei Dir ja eigentlich auch so.

01:32:28: Es gibt ja unglaublich viele Leute,

01:32:31: die mich so beneiden, zum Beispiel,

01:32:33: weil ich jetzt immer hier mit Dir am Tisch sitze

01:32:36: und mit Dir gemeinsam Wein verkoste.

01:32:38: Okaaay...

01:32:39: Ich sage dann immer: Na ja, wisst Ihr...

01:32:43: Der Typ... Der Typ hat nie Zeit...

01:32:46: Wir haben immer so eine kleine Schnellfrage-Runde, Stéphane.

01:32:49: Mit welchem Wein verführst Du Deine Frau?

01:32:52: Champagner.

01:32:53: Ja, das geht immer.

01:32:54: Macht Sinn.

01:32:56: Wenn Du Superkräfte haben könntest,

01:32:58: welche wären das?

01:32:59: Boah, das ist echt... Das ist gemein,

01:33:01: deswegen haben wir uns so ein bisschen eingetrunken, gemeinsam.

01:33:04: Und jetzt kommen die gemeinen Fragen.

01:33:07: Also da würde ich tatsächlich

01:33:09: einmal im Jahr den Mont Blanc besteigen.

01:33:11: Ja, schau´ mal da. Hier so voll der Hardcore...

01:33:14: So,

01:33:16: was sind die drei Sachen, ohne die ein Sommelier

01:33:17: nicht sein kann?

01:33:21: Ein Weinglas,

01:33:22: also das perfekte Glas.

01:33:23: Das perfekte

01:33:25: Kellnerbesteck,

01:33:27: um eine Flasche aufzumachen.

01:33:29: Und

01:33:31: letztendlich die perfekte Flasche

01:33:33: im Weinschrank.

01:33:35: Dieser Keller, den Du da hast... Dieser Keller. Genau so ist es.

01:33:38: Letztendlich,

01:33:40: es ist ja schön und gut, viele Flaschen

01:33:41: im Keller zu haben, aber auch privat,

01:33:43: wenn man es schafft und

01:33:44: da kann Philipp vieles davon erzählen, ist,

01:33:46: wenn man

01:33:47: anspruchsvolle Gäste hat zu Hause und

01:33:50: wenn man es schafft über drei, vier Stunden

01:33:51: die Leute zu begeistern

01:33:53: und nicht nur mit seinen eigenen Weinen,

01:33:54: sondern auch mit anderen Weinen einfach mal zu spielen,

01:33:56: das ist schon spannend.

01:33:58: Das ist meine Lieblingsbeschäftigung, wenn ich Gäste habe.

01:34:01: Da gibt es ganz selten Wittmann.

01:34:03: Und dann ist es so,

01:34:04: die Leute sollen Spaß haben, die Leute sollen es genießen,

01:34:07: das heißt, Du musst versuchen, denen was zu bringen, was ihnen schmeckt,

01:34:09: aber was auch Dir wichtig ist.

01:34:11: Ja. Absolut.

01:34:12: Habt Ihr vielleicht auch manchmal Gäste, denen Ihr was kredenzen müsst

01:34:15: und die sind eben null wein-affin

01:34:17: und das ist dann richtig schwierig?

01:34:19: Weil dann gereift ganz schwierig ist, oder...

01:34:22: Ich habe das schon.

01:34:24: Ich habe hier einen wunderbaren

01:34:27: Freundeskreis in Westhofen

01:34:30: mit ganz tollen Leuten,

01:34:32: die letztendlich

01:34:34: einfach

01:34:35: gedanklich im Wein

01:34:36: nicht so weit sind.

01:34:39: Und dann natürlich,

01:34:41: ja,

01:34:44: sowohl gereifter großer Riesling,

01:34:46: als auch

01:34:47: ja, ich sage mal, ein Freund von mir sagt dann immer:

01:34:49: Hat das Holz?

01:34:50: Da hat er schon Angst, sozusagen.

01:34:52: Also wenn ich mit großen Burgundern komme, kann es sein,

01:34:56: dass er Angst hat.

01:34:58: Und was mich freut dabei ist,

01:34:59: wenn es Freunde sind

01:35:01: und Du schaffst es

01:35:02: mit der Zeit,

01:35:03: Begeisterung für Dinge zu entwickeln.

01:35:06: Wenn Du es schaffst,

01:35:07: über das Verkosten jemand auf den Trail zu bringen,

01:35:11: dass er sowas vielleicht auch spannend findet,

01:35:13: dann ist es wunderbar.

01:35:14: Aber es gibt auch Leute, die

01:35:16: mögen, wollen nicht, wie auch immer.

01:35:20: Absolut. Ich kann das genau so wie Du schildern.

01:35:24: Wir leben ja seit über 30 Jahren in Baiersbronn, das heisst,

01:35:26: wir haben viele Freunde im Ort,

01:35:29: seien es Handwerker,

01:35:30: seien es Leute, die in unserer Nähe gewohnt haben,

01:35:32: Nachbarn und wie auch immer.

01:35:33: Und dann triffst Du Dich mit denen und machst eine Flasche Wein auf und

01:35:37: das Verrückte ist,

01:35:38: dass einer von den Freunden, der

01:35:39: eigentlich wirklich keine Ahnung hatte

01:35:43: von Wein und seinen Trollinger getrunken hat,

01:35:45: wo es ja auch tolle Sachen gibt,

01:35:46: aber einfach Basic-Sachen.

01:35:48: Und der ist mittlerweile soweit,

01:35:50: dass er einen Wein-Schrank zu Hause hat.

01:35:52: Er hat vier, fünf Wein-Atlanten. Super.

01:35:55: Und, wenn wir eingeladen sind bei ihm, werde ich...

01:35:59: Dann wirst Du gechallenged. Aber hallo.

01:36:01: Dann kommt er mit einer Karaffe, schenkt ein: So, was ist das jetzt?

01:36:05: Und dann ist er unterwegs in irgendeiner Region in Frankreich,

01:36:09: in Spanien, in Italien, mit seiner Frau im Urlaub

01:36:11: und kauft dann ein paar Weine und jetzt werde ich... Grossartig!

01:36:13: Letztens hat er uns einen Wein hingestellt: Wow. Wahnsinn.

01:36:16: Es ist schön zu sehen, dass man auch Leute mitnehmen kann.

01:36:19: Man muss aber auch akzeptieren,

01:36:21: wenn Freunde den Weg nicht mitgehen, weil es nicht ihr Thema ist, deshalb sind es trotzdem Freunde.

01:36:27: Und deshalb musst Du dann in dem Moment denen auch was einschenken, wo die Spaß mit haben.

01:36:31: Das können wir ja.

01:36:33: Und das ist auch okay.

01:36:34: Also wir verbringen viele Abende, da wird kein Wort über Wein gesprochen.

01:36:38: Das glaube ich nicht.

01:36:40: Das tut doch auch mal gut, wenn man Freunde hat, die vielleicht nicht aus der Wein-Gastronomie-Branche sind.

01:36:49: Einfach was ganz anderes. Ein Glas steht da und interessanterweise,

01:36:54: umso spannender dieser Wein ist, der da gerade steht, dass ab und zu mal, wenn einer dann

01:36:57: daran riecht, auf einmal hört jeder auf zu reden, weil irgendwie merkt man, es passiert was, Oh.

01:37:01: Was ist eigentlich in diesem Glas?

01:37:03: Was ist das Besondere, was uns so für ein paar Sekunden einfach abholt?

01:37:08: Apropos, was ist eigentlich in diesem Glas?

01:37:10: Also, wir brauchen es jetzt nicht aufregender zu gestalten, als es ist.

01:37:13: Ich habe ihm nur ein bisschen Luft gegeben, weil ich dachte, es tut ihm gut.

01:37:15: Das ist auch 2022 und es ist Chardonnay von mir.

01:37:18: Aah.

01:37:18: Das ist "Steingrube" Chardonnay 2022.

01:37:23: Also wir haben uns getraut, ab dem 2021er Jahrgang

01:37:26: tatsächlich einen Lagen-Chardonnay zu machen.

01:37:29: Da kannst Du natürlich darüber diskutieren, passt das in Rheinhessen, ist es erlaubt,

01:37:32: gehört Chardonnay nicht irgendwie zur Bourgogne, wenn wir über Lage sprechen

01:37:37: und wir waren ja jetzt auch, sage ich mal, über 20, 30 Jahre so zurückhaltend, dass wir das

01:37:42: nicht gemacht haben.

01:37:43: Ich habe nur bei diesem Weinberg festgestellt, dass der so sehr in seiner Art eine Persönlichkeit hat,

01:37:49: dass ich einfach diesen persönlichen Wunsch hatte, dass das auch benannt wird, wo das herkommt.

01:37:55: Ich möchte jetzt das Thema Premier Cru nicht zu hoch hängen, weil ich davor zu viel Respekt habe,

01:37:59: weil ich privat sehr viel große Burgunder auch trinke, liebe und schätze.

01:38:06: Nichtsdestotrotz ist es für mich wichtig, dass es eben ein Lagenwein ist, der einfach

01:38:09: eine Herkunft hat, der einfach so schmeckt, weil er da wächst.

01:38:13: Natürlich ist es so, die Historie von diesem Weinberg ist so ein bisschen speziell,

01:38:17: das war eigentlich ein alter Muskateller-Weinberg.

01:38:20: Ich habe den grünveredelt, das heißt, ich habe also Chardonnay-Edelreiser aufgepfropft,

01:38:26: Material aus dem Burgund, sehr gutes Material, was kein Klon-Material ist, sondern ein Selektions-Material,

01:38:33: es ist also eine relativ hohe Diversität von der Genetik her.

01:38:37: Gleichzeitig hat er natürlich root stocks, Wurzeln, die auch Herkunft zeigen.

01:38:42: Und Du hast die Frische, die Kühle Rheinhessens drin, Du hast auch die Säure, die irgendwie

01:38:48: dann auch in einem Jahr wie 2022 dennoch lebt.

01:38:51: Ich sage mal so, wir befinden uns da auf einem Weg, der spannend ist.

01:38:55: Ich selbst weiß nur zu gut, was in der Theorie geht, aber nicht hier am Standort bisher existiert hat.

01:39:02: Und ich möchte auch keine Kopie produzieren aus dem Burgund, weil das Burgund ist das Burgund und

01:39:07: es sollte man damit auch gut sein lassen und lieben und schätzen.

01:39:11: Mein Wunsch ist, dass wir es schaffen, rheinhessischen Chardonnay in seiner Textur zu entwickeln,

01:39:19: dem Wein eine Herkunft geben und damit einfach ein Add-On für die Welt der großen weißen Burgunder

01:39:26: irgendwie zu entwickeln.

01:39:28: Das ist so mein Wunsch.

01:39:30: Das Wunderbare, finde ich, ist, dass der Wein so eine Kühle hat, wo ich ihn auf alle Fälle

01:39:35: im nördlicheren Bereich gesehen hätte und das ist wunderbar.

01:39:39: Also was ich wirklich ganz, ganz toll finde, ist, dieser Wein war in einem Gebinde,

01:39:46: was Holz heißt, aber das ist nicht spürbar.

01:39:49: Bravo, wirklich.

01:39:50: Also ich bin sehr beeindruckt von dieser Feinheit, dieses Subtile, Elegante, die Nase ist wunderbar

01:39:57: und im Gaumen...

01:39:58: Ich hätte Dich jetzt gefragt, ob die Reben jetzt noch ein bisschen jung sind, weil er

01:40:01: im Abgang vielleicht im Vergleich jetzt zu dem Chassagne ja nicht den gleichen Druck hat, aber ansonsten

01:40:09: von der Feinheit, vom Ansatz her wirklich richtig toll.

01:40:13: Abschlussfrage: Mit wem würdest Du gerne mal ein Glas Wein trinken, tot oder lebendig?

01:40:18: Brauchst Du noch Zeit? Sollen Philipp und ich noch was anderes trinken in der Zeit?

01:40:23: Ja, OK, das ist jetzt so eine Frage.

01:40:25: Letztendlich würde ich das, wenn dann, glaube ich, mit einer Person tun, die ich sehr, sehr schätze,

01:40:32: die mich seit vielen, vielen Jahren begleitet und die mir über Jahre einfach auch, sagen

01:40:40: wir mal, viel Input gegeben hat und einfach so als Abschluss sagen: So, wir haben jetzt 40 Jahre gemeinsam,

01:40:45: 50 Jahre gemeinsam, 60, 70, 80 Jahre, wie auch immer.

01:40:49: Ich glaube, das wäre wirklich der Wunsch, nachher zu sagen: So, als Resümee von unseren 40 Jahren,

01:40:56: 50 Jahre gemeinsamer Reise einfach diese Flasche gemeinsam jetzt aufzumachen, einfach darüber

01:41:01: philosophieren und dann einfach die Augen zumachen und einschlafen.

01:41:04: Da hast Du aber noch ein bisschen Zeit, finde ich, mit dem Augen zumachen und einschlafen.

01:41:07: Nein, aber das ist ja, ich glaube, das sind so Momente, also man macht ja gewisse Flaschen auf für

01:41:14: ganz, ganz, ganz besondere Momente und da sind auch ganz besondere Menschen und

01:41:19: da brauchst Du keine zwei Hände, da reicht eine Hand, da reichen manchmal schon nur drei Finger,

01:41:24: weil Du sagst, genau diese Leute haben mir immer wieder Input gegeben oder diese Leute

01:41:28: haben mich immer wieder ein Stückchen weitergebracht und genau mit denen mache ich diese Flasche auf

01:41:32: und wo wir dann in den jungen Jahren auf dem Tisch gestanden sind und getanzt haben und

01:41:36: gesagt haben, boah, das ist ein Wahnsinns- Stoff, das ist brutal, das ist... und heute bleiben wir

01:41:41: eben sitzen, aber sagen: Ja! Oder wir schreien vor Freude und ja,

01:41:49: mit den Leuten teilt man dann diese Momente und ich glaube, in den jungen Jahren machst Du mit

01:41:53: vielen Leuten viele Flaschen auf, aber irgendwann gibt es gewisse Bereiche, Flaschen, die Du

01:41:59: einfach mit Leuten aufmachst, wo Du einfach diese gemeinsame Begeisterung dafür hast und Du weißt auch selbst,

01:42:06: wie lange Du gebraucht hast, um den Wein zu verstehen, um den überhaupt zu bekommen und

01:42:12: an dem Tag machst Du diese Flasche auf und das ist total besonders.

01:42:15: Das ist brutal emotional, was er da macht, oder? Ja. Das ist gut. Das ist gut.

01:42:19: Also wir freuen uns auf sehr viele Flaschen, die wir noch aufmachen, vielleicht auch mal

01:42:23: wieder eine gemeinsam. Vielen Dank, dass Du da warst.

01:42:26: Für mich war es jetzt so, dieser Gedanke, andere Fragestellung, mit wem möchtest Du

01:42:32: Deine letzte Flasche Wein aufmachen?

01:42:34: War eben ein spontaner Gedanke. Die letzte Flasche Wein

01:42:37: würde ich gerne mit der Eva aufmachen. Das ist so, wenn Du quasi diese Begleitung

01:42:43: über das Leben hast und alles erlebt hast und was weiss ich...

01:42:47: Meine Frau hockt ja permanent an der Mosel

01:42:51: und sie hat recht damit, aber mit ihr würde ich gerne die letzte Flasche trinken

01:42:56: und hoffentlich dauert es noch ganz, ganz lange, bis wir auf die Idee kommen.

01:42:59: Und in dem Fall wäre es, glaube ich, na ja, also es wird...

01:43:03: Ihr dürftet auch zwei.

01:43:05: Es wird kein Kalifornier sein.

01:43:08: Das würde ich auch sagen.

01:43:09: Aber auch da gibt es gute Sachen.

01:43:12: So 1974 oder...

01:43:15: Vielen, vielen Dank, Stéphane, dass Du da warst.

01:43:17: Das hat großen, großen Spaß gemacht.

01:43:19: Es war mir eine große Freude, dabeigewesen zu sein und ich komme gerne wieder.

01:43:25: Ja, super, das machen wir. Sehr gut, sehr gut.

01:43:26: Philipp, Dir auch vielen Dank, auch wieder für das temporäre Studio.

01:43:29: Also wir trinken noch einmal auf die Eva, würde ich sagen. Die hat das verdient. Chin Chin!

Über diesen Podcast

Faszinierende Einblicke ins Leben der Weinberg-Rockstars. Authentisch, frech und immer echt. Weinliebhaberin Denise Mikulsky bittet Euch an den Tisch mit den Top-Winzern Deutschlands, die ihre Spitzenweine einschenken und dabei aus dem Nähkästchen plaudern. Gemeinsam kosten sie große Lagen und geben tiefe Einblicke. Die leeren Gläser bei BORN TO BE WINE erzählen spannende Geschichten. Ein Muss für alle Weinliebhaber.

Gastgeberin von BORN TO BE WINE ist Denise Mikulsky.
Die Journalistin und Filmemacherin ist Inhaberin der Bewegtbildagentur m3 medien.
Als die Idee des Video-Podcasts aufkam, war sie sofort Feuer und Flamme. Statt lange zu fackeln entwickelte sie das Konzept und seitdem treffen sich die Weinfreunde regelmäßig im Studio zur Aufzeichnung des Podcasts BORN TO BE WINE.

Wenn Ihr Genuss und Leidenschaft mit uns teilen möchtet, dann abonniert unseren Podcast. Noch näher dran seid Ihr nur auf unserem Youtube-Kanal, denn da halten wir den Video-Podcast für Euch bereit. Öffnet Euch eine Flasche Wein und genießt die Show.

von und mit m3 medien GmbH

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